Berlin. Bis zum 31. Januar soll der Bund Grundsteuererklärungen abgeben. Nun verkündete das Finanzministerium eine Verzögerung – bis September.

Bis zum 31. Januar sind 36 Millionen Bundesbürger dazu verpflichtet ihre Erklärung zur Grundsteuer einzureichen. Bei Nichteinhaltung der Frist droht das Finanzamt mit empfindlichen Strafen schon ab dem ersten Tag nach der Deadline. Der größte Grundbesitzer Deutschlands hat nun aber eingeräumt, die Frist selbst um mehrerer Monate zu versäumen. Es ist der Bund selbst.

Gleich um mehrerer Monate wird der Bund die Frist überstrapazieren, das musste das Finanzministerium nun auf eine Nachfrage eines Bundestagsmitglieds zugeben. CDU-Politiker Christian Ploß, der die Anfrage gestellt hatte, spricht von einer "Frechheit gegenüber den Eigenheimbesitzern". Seine Parteikollegin Gitta Connemann forderte auf das Eingeständnis hin eine weitere Fristverlängerung für die Bürger. Der "Spiegel" berichtete zuerst.

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Stichtag 31. Januar: Bund verpasst Stichtag für Grundsteuererklärung

Beim Stichtag Ende Januar 2023 handelt es sich bereits um einen Aufschub, denn die Frist zur Einreichung der Grundsteuererklärung war ursprünglich vom 1. Juli 2022 bis zum 30. Oktober des gleichen Jahres angesetzt. Bundesfinanzminister Christian Linder (FDP) hatte die Fristverlängerung gegen die Kritik vieler Länderchefs im vergangenen Herbst durchgesetzt. Begründet hatte er die Schonfrist mit Problemen großer Bevölkerungsschichten, etwa Rentnerinnen und Rentner.

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Nur rund 35 Prozent der etwa 26.000 Grundstücke, die zu den Liegenschaften der Bundesbehörden zählen, sind abgabpflichtig. Die restlichen knapp zwei Drittel seien aufgrund ihrer gemeinnützigen Verwendung steuerbefreit, wie der Parlamentarische Staatssekretär Florian Toncar (FDP) auf Ploß' Anfrage schriftlich antwortete. Entsprechend sind die Prioritäten zur Grundsteuererklärung geregelt.

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Unterlagen zu steuerpflichtigen Objekten würden bis Ende März, also mit mehrwöchiger Verzögerung, eingereicht. "Nach jetziger Planung" sieht das Bundesfinanzministerium die Erklärungsabgabe aller Liegenschaften bis 30. September 2023 vor. Die letzten Dokumente sollen also elf Monate später als ursprünglich geplant bei den Finanzämtern ankommen. Wer die Frist als Privatperson versäumt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen.

Finanzministerium in Bedrängnis: Elster in der Kritik

Den heftigen Verzug begründet Toncar mit der hohen verwalterischen Anforderung. Es lägen "bislang keine beziehungsweise lediglich deutlich veraltete Informationen" für viele Grundstücke im Bundesbesitz vor. Diese einzeln bei örtlichen Finanzämtern einzureichen sei "nicht sinnvoll". Aus diesem Grund habe man sich für eine "IT-Lösung" entschieden.

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Inwiefern sich das von dem Verfahren unterscheidet, das Millionen von Hausbesitzern über sich ergehen lassen müssen, ist unklar. Schließlich ist die Abgabe der Steuererklärung bundesweit über das Online-Finanzverwaltungstool "Elster", also komplett digital, vorgeschrieben. Weil von Bundesland zu Bundesland teils unterschiedliche Regeln beachtet werden müssen und der Bürokratensprech auf der Plattform viele Immobilienbesitzer irritiert, ruft das Verfahren schon lange Kritik von Opposition und Bevölkerung hervor. Kurz nach Öffnung des Portals für die Erklärungsabgabe kam es zudem zu massiven Überlastungen.

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Grundsteuerreform überfällig: Berechnung nach Modell von 1935

Wirtschafts-Experte Ploß nutzte die Verzögerung für eine Generalkritik an der Finanzpolitik der Bundesregierung: "Den Bürgern eine viel zu knappe Frist für die Grundsteuererklärung aufzudrücken, die nicht einmal die eigene Verwaltung einhalten kann, ist eine Frechheit gegenüber den Eigenheimbesitzern in Deutschland. Die Ampelkoalition muss ihre Politik dringend ändern!"

Dabei rührt die stockende Umsetzung der Grundsteuerreform noch aus Zeiten der Großen Koalition von CDU und SPD her. Das Bundesverfassungsgericht urteilte bereits 2018, dass die Umsetzung der Erhebung der Grundsteuererklärung nicht mehr rechtskonform sei. Sie basierte auf Einheitswerten von 1964 (Westdeutschland) und 1935 (neue Bundesländer). Im November 2019 hatten Union und Sozialdemokraten die Reform im Bundestag verabschiedet. Als Grundlage für immobilienbezogene Steuern tritt die neue Berechnungsgrundlage allerdings erst 2025 in Kraft. Unter Zugzwang steht aber nun die FDP, die mit Finanzressort in der Bundesregierung betraut ist.