Berlin. Eine Sofortzahlung soll Menschen in Hartz IV helfen, die Inflation zu stämmen. Doch das Geld ist weg, bevor es auf dem Konto landet.

200 Euro Bonus – der soll Hartz-IV-Empfangenden durch Inflation und Pandemie helfen. Auf den ersten Blick mag das viel erscheinen, schließlich bekommen Angestellte mit der Energiepauschale „nur“ 100 Euro mehr und müssen die zusätzlich noch versteuern.

Auf einen zweiten Blick aber zeigt sich: Wer Hartz IV bezieht, hat seinen Bonus rechnerisch schon an die Inflation verloren. Denn mit steigenden Preisen sinkt die Kaufkraft eines jeden einzelnen – und damit auch die von Hartz-IV-Empfangenden.

Hartz IV: Inflation frisst Bonus auf

Allein für den Monat Juli geht das Statistische Bundesamt von einer vorläufigen Teuerungsrate von 7,5 Prozent aus. Aus den Daten des Amts lässt sich errechnen, wie viel Geld die Inflation Menschen in Hartz IV bereits gekostet hat.

Legt man den Regelsatz von 449 pro Monat zu Grunde, ergibt sich etwa für den Monat Juli: 33,67 Euro weniger hat ein Hartz-IV-Empfangender im Geldbeutel. Diese Rechnung lässt sich für alle Monate seit Jahresbeginn durchführen und ergibt für:

  • Januar: 22 Euro (4,9 Prozent),
  • Februar: 22,89 Euro (5,1 Prozent),
  • März: 32,78 Euro (7,3 Prozent),
  • April: 33,23 Euro (7,4 Prozent),
  • Mai: 35,47 Euro (7,9 Prozent)
  • und Juni: 34,12 Euro (7,6 Prozent).

Addiert man die Monate Januar bis Juli, zeigt sich: Mit gut 214 Euro Kaufkraftverlust mussten Hartz-IV-Beziehende im Jahr 2022 bislang leben. In anderen Worten: Noch vor Jahresende hat die Inflation die 200 Euro Hartz-IV-Bonus bereits aufgefressen.

Etwas Luft verschaffte Beziehenden von Hartz IV das 9-Euro-Ticket. Für die Monate Juni und Juli können zusammen rund 62,50 abgezogen werden, was den Kaufkraftverlust auf 151,50 Euro drückt. Galoppiert die Inflation weiter davon wie bisher, dann ist der Bonus im September aufgebraucht.

Hartz IV: "Sechs Tage kein Geld für Essen"

Aus einem anderen Winkel betrachtet haben Menschen in Hartz IV sogar noch weniger von den 200 Euro. Einer Studie der Allianz-Versicherung zufolge, müssen Verbrauchende im Jahr 2022 rund 254 Euro mehr für Lebensmittel bezahlen als im Vorjahr.

Ausgegangen wird hier davon, dass die Lebensmitteleinzelhändler wie Aldi, Lidl oder Rewe im Schnitt 75 Prozent ihrer Mehrkosten an die Käuferinnen und Käufer weitergeben – was einer Preissteigerung von 10,7 Prozent gleichkommt.

In diesem Zusammenhang decken die 200 Euro für Hartz-IV-Beziehende noch nicht einmal die Mehrkosten für Lebensmittel – und die Allianz rechnet offenbar vorsichtig. Das Statistische Bundesamt geht allein für Juli von einem vorläufigen Plus von 14,8 Prozent bei Preisen für Nahrung aus.

Klar ist, Hartz-IV-Empfangende werden dieses Jahr auch mit dem Corona-Bonus noch stärker aufs Geld schauen müssen. Etwas vereinfacht hat es das Linken-Politikerin Jessica Tatti zusammengefasst. Sie schrieb auf Twitter: „Die Inflation für Menschen in Hartz IV beträgt 7,4 Prozent. Also fehlen 33 Euro im Monat.“ Im Regelsatz seien täglich 5,19 Euro für Nahrung veranschlagt. Das bedeute für Menschen in Hartz IV rein rechnerisch: „Sechs Tage kein Geld für Essen.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.