Berlin. Der Bundestag hat endlich auch an die queeren Opfer der Nationalsozialisten gedacht. Auf was es in Zukunft ankommt beim NS-Gedenken.

Seit 27 Jahren erinnert der Bundestag in einer Gedenkstunde an die Opfer des Nationalsozialismus. Zum ersten Mal standen in diesem Jahr Menschen im Mittelpunkt, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität verfolgt wurden. Das kommt spät.

Die Erinnerungskultur ist außerhalb des Parlaments schon weiter. Ein paar Schritte vom Reichstagsgebäude entfernt etwa wird seit langem an jene NS-Opfer gedacht, die nicht den nationalsozialistischen Normvorstellungen von Frauen und Männern entsprachen.

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Julia Emmrich. Politik-Korrespondentin
Julia Emmrich. Politik-Korrespondentin © Anja BleyL

Homosexuelle NS-Opfer - Mahnmal erinnert an Paragraf 175

Vor 18 Jahren wurde in Berlin das Holocaust-Mahnmal eröffnet, in Rufweite des Bundestags erinnert das Stelenfeld an die ermordeten Juden Europas. Im Radius von wenigen hundert Metern kamen in den Folgejahren weitere Mahnmale dazu. Im Mai 2008 wurde das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen eingeweiht – noch bevor dann 2012 das Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma fertig wurde und schließlich 2014 eine Gedenkstätte für die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde dazu kam. Das Mahnmal erinnert auch daran, dass die Verfolgung Homosexueller mit der NS-Zeit nicht endete, der Strafrechtsparagraf 175 wurde in der Bundesrepublik erst 1994 abgeschafft.

Erinnerungskultur: Auf was es jetzt in Deutschland ankommt

Doch am Ende ist es nicht die Reihenfolge des Gedenkens, auf die es ankommt. Und auch nicht die Größe und Sichtbarkeit von Gedenkstunden, Mahnmalen und Gedenkstätten. Auf Dauer zählen zwei Dinge: Der Holocaust und wie es dazu kam, muss Pflichtstoff für jeden bleiben, der in Deutschland aufwächst. Das gleiche gilt für den Grundsatz, dass es wirklich vollkommen egal ist, wie jemand glaubt, liebt und lebt, so lange sich die Person auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt.

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