Berlin. Immer mehr Mietverträge werden laut Mieterbund an die Inflation gekoppelt. Bundesbauministerin Geywitz will nicht tatenlos zusehen.

  • Die Inflation treibt nicht nur die Energie- und Lebensmittelpreise in die Höhe
  • Auch die sogenannten Indexmieten können davon betroffen sein
  • Welche Verträge davor schützen und wer bald eine Mieterhöhung bekommen könnte

Energie ist derzeit deutlich teurer als noch vor einem Jahr. Auch die Preise für Lebensmittel sind gestiegen. Verbraucher müssen deutlich tiefer in die Taschen greifen, um den Alltag zu bewältigen.

Manche Mieter trifft die Inflation gleich doppelt hart. Nicht nur schwindet ihre Kaufkraft, sofern sie keine Gehaltserhöhung zum Ausgleich erhalten. Einige Haushalte werden sich zusätzlich auf eine saftige Mieterhöhung einstellen müssen. Wer einen sogenannten Indexmietvertrag abgeschlossen hat, muss damit rechnen, dass der Vermieter die Miete im Rahmen der Inflationsrate anpasst. Kommentar: Steigende Preise – Die Ärmsten brauchen jetzt Hilfe

Inflation: Indexmietverträge werden laut Mieterbund immer beliebter

Gerade in Metropolen mit angespanntem Wohnraum wird der Indexmietvertrag zunehmend beliebter, berichtet der Deutsche Mieterbund (DMB) – denn damit lässt sich die Mietpreisbremse umgehen. In Gebieten, in denen Wohnungen rar sind und die Landesregierungen die Mietpreisbremse umsetzen, darf bei bestehenden Verträgen die Miete nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht werden – maximal aber binnen drei Jahren um 15 Prozent. SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, diese Kappungsgrenze auf elf Prozent absenken zu wollen.

Allerdings gibt es Ausnahmen von der Mietpreisbremse. Möblierte Wohnungen etwa. Oder Indexmietverträge. Das muss nicht zwingend schlecht für Mieter sein. Würden die Verbraucherpreise sinken, könnte die Miete sogar geringer werden. In der Praxis hat sie sich in den vergangenen Jahren zumindest nicht stark verteuert. Denn Inflation war jahrelang kein großes Problem in Deutschland. 2019 etwa stiegen die Verbraucherpreise auf Jahressicht um 1,4 Prozent, in den Jahren 2016 und 2015 jeweils sogar nur 0,5 Prozent.

Indexmietverträge: Für Mieter könnte es jetzt richtig teuer werden

Mieter mit Indexmietverträgen kamen also besser weg als jene mit klassischen Mietverträgen, bei denen die Vermieter ihren Erhöhungsspielraum voll ausschöpften. Nun aber wendet sich das Blatt. Mindestens ein Jahr lang muss die Miete bei Indexmietverträgen unverändert geblieben sein. Danach kann der Vermieter eine Erhöhung im Rahmen des vom Statistischen Bundesamtes errechneten Preisindex geltend machen. Beim Mieterbund schrillen bereits die Alarmglocken.

„Keiner weiß, wie stark die Inflation noch ansteigen wird und wie lange sie auf einem hohen Niveau verbleibt. Jedes Jahr Mietsteigerungen von fünf, sechs, sieben oder noch mehr Prozent zu erhalten, ist für die Mieter ein heftiger Schlag ins Kontor. Nicht jeder wird sich diese Preissteigerungen leisten können, es wird zu Härtefällen kommen“, sagte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten unserer Redaktion.

Aus seiner Sicht würden Mieter keine Indexmietverträge brauchen. „Natürlich sind sie in den letzten Jahren gut damit gefahren, aber es gibt immer eine große Unsicherheit“, sagt er.

Ampel-Koalition will mit neuen Wohnungen entlasten

Theoretisch muss sich ein Mieter nicht darauf einlassen, wenn ihm ein solcher Vertrag vom Vermieter vorgelegt wird. Nur habe die Theorie der Vertragsfreiheit einen entscheidenden Pferdefuß, meint Siebenkotten: „Vermieter und Mieter befinden sich nicht auf Augenhöhe. Der Vermieter besitzt das knappe Gut, auf das sich 50 bis 100 Mieter in angespannten Wohnungsmärkten bewerben.“

Gerade in den Metropolen gibt es zu wenig Wohnraum. Die Bundesregierung will mit 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr zwar die Knappheit bekämpfen; ob sie dieses Ziel aber erreichen wird, steht in den Sternen. Schon jetzt sorgen die durch den Ukraine-Krieg explodierenden Preise und knappes Material dafür, dass erste Bauvorhaben auf Eis liegen. Doch selbst wenn die Ampelkoalition ihr Ziel erreicht – kurzfristig würde das den Wohnungsmarkt nicht entspannen.

Bundesbauministerin Klara Geywitz will Indexmietverträge prüfen

Bundesbauministerin Klara Geywitz will deshalb die Indexmietverträge unter die Lupe nehmen. „Ich bin kein Fan von Indexmieten“, sagte die SPD-Politikerin unserer Redaktion. Auf Rendite orientierte Fonds interessiere es nicht, ob Mieter durch steigende Kosten in Not geraten. Die Bundesregierung werde deshalb prüfen, „wie Index- und auch Staffelmieten ihrem eigentlichen Zweck gerecht werden können, ohne Mieter unfair zu belasten“, kündigte Geywitz an.

Mieterbundpräsident Siebenkotten dringt auf einen schnellen Schutz für Haushalte mit Indexmietvertrag. Analog zur Kappungsgrenze bei der Mietpreisbremse müssten auch Steigerungen bei der Indexmiete gedeckelt werden, schlägt er vor – wobei er die von der Ampel-Koalition in Aussicht gestellte Grenze von elf Prozent binnen drei Jahren immer noch für „viel zu hoch“ hält. „Wirkungsvoll wäre eine Kappungsgrenze, wenn sie maximal ein bis zwei Prozent pro Jahr betragen würde“, so Siebenkotten. Lesen Sie hier: Klara Geywitz – „Den Traum vom Einfamilienhaus ermöglichen“

Eigentümerverband rät Vermietern zu Anpassungen bei der Miete

Beim Eigentümerverband Haus und Grund hält man davon gar nichts. „Mit seiner Forderung nach einer Kappungsgrenze bei Indexmieten bedient der Mieterbund wieder einmal das populistische Klischee des reichen Vermieters und des bedürftigen Mieters“, schimpft Haus-und-Grund-Präsident Kai H. Warnecke. Der Mieterbund zeige mit seiner Forderung, dass er von der Bewirtschaftung von Immobilien keine Ahnung habe. Der Präsident des Eigentümerverbandes sieht in Indexmieten ein „faires Instrument“, das wenig streitanfällig sei.

„Wir raten Vermietern, die eine Indexmiete vereinbart haben, die Preisentwicklung in den kommenden Monaten aufmerksam zu verfolgen, den zulässigen Betrag der Mieterhöhung zu ermitteln und dann die Miete bei Bedarf in der erforderlichen Höhe anzupassen“, sagte Warnecke.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.