Berlin. Klara Geywitz wird das neue Ministerium für Bauen und Wohnen im Bund führen. Welche Erwartungen die Branche an die SPD-Politikerin hat.

Es war für viele eine Überraschung: Klara Geywitz wird in der neuen Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP das neu geschaffene Ministerium für Bauen und Wohnen führen. Es war mit einem Ministerinnenposten für die 45-jährige Potsdamerin gerechnet worden. Denn Geywitz, die 2019 an der Seite von Olaf Scholz glücklos für den SPD-Vorsitz kandidiert hatte, gilt nicht nur als Scholz Vertraute, sie vertritt als Brandenburgerin auch ostdeutsche Interessen in einer neuen Bundesregierung.

Bis zuletzt galt aber die bisherige Bundesumweltministerin Svenja Schulze als Favoritin für den Posten der Bauministerin. Schulze hatte schon in der vergangenen Legislaturperiode Überschneidungen mit dem Thema Bauen und Wohnen, etwa beim CO2-Preis.

Bauen und Wohnen: Auf Klara Geywitz wartet eine Mammutaufgabe

Geywitz, die 2019 ihr Landtagsmandat an die Grünen-Politikerin Marie Schäffer verlor, arbeitete zuletzt beim Landesrechnungshof Brandenburg als Prüfgebietsleiterin für den Bereich Bauen, Wohnen und Verkehr – Schnittmengen zu ihrer neuen Tätigkeit sind also durchaus gegeben.

Auf Geywitz, die wie Scholz in Potsdam wohnt, wartet eine Mammutaufgabe. Die Mieten steigen seit Jahren, in den Metropolen geben Mieterhaushalte bisweilen mehr als die Hälfte ihres Einkommens für das Wohnen aus. Jedes Jahr fallen zudem mehr Sozialwohnungen aus der Bindung als neue gebaut werden.

Die neue Ampel-Koalition will den Spieß nun umdrehen. 100.000 Sozialwohnungen sollen pro Jahr neu entstehen, viermal mehr als bisher. Insgesamt sollen pro Jahr 400.000 Wohnungen gebaut werden, um den angespannten Wohnungsmarkt zu entlasten – und das, obwohl die Bauindustrie schon jetzt unter Volllast fährt.

Mieterbund drückt aufs Tempo

Viel Eingewöhnungszeit wird die Mutter von drei Kindern daher nicht erhalten. Die Erwartungen der Branche an sie sind groß – und die Zeit drängt. „Klara Geywitz sollte schnellstmöglich das im Koalitionsvertrag angekündigte Bündnis für bezahlbaren Wohnungsbau einberufen – idealerweise bereits im Januar 2022“, sagte der Präsident des Deutschen Mieterbunds, Lukas Siebenkotten, unserer Redaktion.

Priorität müsse der soziale Wohnungsbau haben. „Will die Koalition wie angekündigt viermal mehr Sozialwohnungen als bisher schaffen, braucht es einen Kraftakt“, sagte Siebenkotten. Es werde nicht ausreichen, nur zu bauen. „Es braucht auch eine Verlängerung der Sozialbindungen von Wohnungen im Bestand und gegebenenfalls einen Ankauf von Wohnungen“, sagte der Mieterbundspräsident.

Mieterbundpräsident Lukas Siebenkotten drückt aufs Tempo.
Mieterbundpräsident Lukas Siebenkotten drückt aufs Tempo. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Geywitz bringt Erfahrungen aus der Landespolitik mit

Hoffnungen setzt Siebenkotten in Geywitz Erfahrungen als Landespolitikerin. Mit gerade einmal 22 Jahren zog Geywitz 1998 in die Stadtverordnetenversammlung Potsdam ein, 2004 gewann sie bei der Landtagswahl ihr Direktmandat und wurde im brandenburgischen Landtag stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion. 2009 und 2014 konnte sie ihr Mandat verteidigen, war unter anderem Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion und finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.

„Wichtig ist eine enge Kooperation mit den Bundesländern. Klara Geywitz kennt die Länderperspektive und sollte diesen Vorteil einbringen“, sagte Siebenkotten. Er erhoffe sich, dass mit der Vertrauten des künftigen Bundeskanzlers Olaf Scholz das Thema Bauen und Wohnen den nötigen Schub bekomme.

Klara Geywitz (SPD) wird neue Bauministerin.
Klara Geywitz (SPD) wird neue Bauministerin. © dpa | Michael Kappeler

Klara Geywitz: Baugewerbe sichert Unterstützung zu

Auch das Baugewerbe setzt auf Geywitz Erfahrungen als Landespolitikerin. „Mit ihrer kommunalpolitischen Erfahrung kennt sie die ganz konkreten Probleme in der Umsetzung von Bauvorhaben vor Ort. Sie kann auf die Unterstützung der mittelständischen Bauwirtschaft zählen“, sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) unserer Redaktion.

Das Verbändebündnis Wohnungsbau, zu dem neben dem Deutschen Mieterbund und dem ZDB auch der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW, die Baugewerkschaft IG BAU, der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen BFW, die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau DGfM und der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel BDB gehören, sicherte Geywitz Unterstützung zu.

Bauen: Verbändebündnis fordert „Neubau-Booster“

„Die Ampel-Koalition muss ihrer neuen Bauministerin die feste Bank einer umfassenden Finanzierung geben: Es geht um einen Neubau-Booster und um ein Altbau-Update für Deutschland. Das kostet Geld“, sagte Michael Hölker, Koordinator des Verbändebündnisses und BDB-Hauptgeschäftsführer, unserer Redaktion. Geywitz werde die „Managerin einer neuen Wohnungsbau-Ära“ sein.

Um die 20er Jahre zu einem Jahrzehnt des Bauens, Umbauens und des Sanierens zu machen, brauche es einen „Masterplan Wohnungsbau“, forderte Hölker. Es müssten eine schlankere Bürokratie, effektivere Genehmigungsverfahren und weniger Vorschriften beim Bauen geschaffen werden, sagte der Verbändebündnis-Koordinator.

Michael Hölker, Koordinator des Verbändebündnisses Wohnungsbau, sicherte Geywitz die Unterstützung der Verbänd zu.
Michael Hölker, Koordinator des Verbändebündnisses Wohnungsbau, sicherte Geywitz die Unterstützung der Verbänd zu. © Tobias Seifert / Verbändebündnis Wohnungsbau