Berlin. Rede im Bundestag: Isaac Herzog mahnt, die Kultur des Holocaust-Gedenkens zu erhalten. Und er lobt die Partnerschaft mit Deutschland.

Die Ansprache am Dienstagmorgen beginnt mit einem Gebet. „Bitte erheben Sie sich“, sagt Israels Präsident Isaac Herzog. Er steht am Rednerpult des Bundestages, setzt sich eine schwarze Kippah auf, die Kopfbedeckung männlicher Juden, die vor allem bei religiösen Anlässen getragen wird. Herzog verweist auf das Yizkor-Gebet, das an jüdischen Feiertagen rezitiert wird, um an verstorbene Familienmitglieder zu erinnern. Der Präsident widmet es den Opfern des Nazi-Terrors.

Damit setzt Herzog den ernsten Ton seines rund halbstündigen Auftritts. Das Leitmotiv lautet: Erinnerung. „Das jüdische Volk vergisst nicht“, sagt er. Deutschland sei „der Ort, an dem die größten Gräueltaten am jüdischen Volk, an der ganzen Menschheit“ begangen worden seien. Die Abgeordneten und die Mitglieder des Kabinetts hören aufmerksam zu. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzler Olaf Scholz sitzen in der ersten Reihe.

„Nur die Toten haben ein Recht zu vergeben“

Der Gast aus Israel erinnert an seinen Vater Chaim Herzog, der im April 1945 als Offizier der britischen Streitkräfte zu den Befreiern des Konzentrationslagers Bergen-Belsen gehörte. Chaim Herzog hatte der Bundesrepublik 1987 als erster israelischer Präsident einen Staatsbesuch abgestattet. Sein Sohn zitiert die Worte, die der damalige Staatschef im KZ sprach: „Kein Vergeben bringe ich und kein Vergessen. Nur die Toten haben ein Recht zu vergeben.“

Hinter Herzogs Rückblick steckt der Appell, die Gedenkkultur an den Holocaust für alle Zeiten am Leben zu erhalten. Es ist eine Mahnung gegen den „subtiler gewordenen Antisemitismus“, der sich als „Israel-Kritik“ tarne, sowie gegen „hasserfüllte Stimmen“ in den sozialen Netzwerken.

Olympia-Attentat: Herzog dankt der Bundesregierung für die Gedenk-Zeremonie

Gemeinsames Erinnern und der Blick in die Zukunft: Die Zeremonie in Fürstenfeldbruck am Montag, die der Ermordung von elf israelischen Sportlern bei den Olympischen Spielen in München vor 50 Jahren gedachte, erwähnt Herzog als positives Beispiel. Er bedankt sich bei der Bundesregierung und seinem „guten Freund Frank-Walter Steinmeier“.

Nach der völlig missglückten Befreiungsaktion am 5. September 1972 und jahrelangem Behörden-Hickhack kam es vor wenigen Tagen zu einer Einigung mit den Hinterbliebenen der Terroropfer.

Den Eklat um Palästinenserchef Mahmud Abbas erwähnt Herzog mit keinem Wort. Abbas hatte kürzlich bei einer Pressekonferenz im Kanzleramt Israel vorgeworfen, „50 Massaker, 50 Holocausts“ an Palästinensern begangen zu haben. Scholz war nicht nur in Deutschland heftig kritisiert worden, weil er nicht sofort danach das Wort ergriffen habe.

Warnung vor dem Iran und „seinen Plänen, Atomwaffen zu entwickeln“

Mit einer Botschaft der Wertschätzung wendet sich Israels Präsident an den Bundestag. „Der Staat Israel ist stolz auf seine Partnerschaft mit Deutschland.“ Das Land sei nach dem Holocaust „einer der wichtigsten Anführer der freien Welt“ geworden.

Herzog schließt mit einer Warnung vor dem Iran. „Hier, auf diesem wichtigen Forum in Berlin rufe ich die Familie der Nationen auf, fest und entschieden aufzutreten gegen den Iran und seine Pläne, Atomwaffen zu entwickeln.“ Und: „Der Staat Israel wird sich selbst verteidigen und mit allen notwendigen Mitteln Bedrohungen gegen sich und seine Bürger bekämpfen.“