Berlin . Wahrlich keine Vintage-Ware, sondern High-Tech made in germany: Ukraine bekommt das Luftabwehrsystem Iris-T-SLM. Was kann die Rakete?

Bisher stand Deutschland im zweifelhaften und nicht ganz fairen Ruf, der Ukraine vorzugsweise alte Waffen zu liefern. Das Flugabwehrsystem Iris-T-SLM, das Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch versprach, ist keine Vintage-Ware, sondern hochmodern. Die wichtigsten Fragen:

Was ist Iris-T-SLM?

Eine Boden-Luft-Lenkrakete. Sie wurde von der Waffenschmiede Diehl Defense mit dem Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus, dem Radarspezialisten Hensoldt und der auf Funktechnik spezialisierten Münchner Firma Rohde&Schwarz entwickelt. Made in Germany. Die Bundeswehr selbst verfügt über eine Version für den "Luftkampf" (Diehl), die von den Tornado- und Eurofighter-Jets eingesetzt wird.

Was kann die Rakete?

Sie kann Hubschrauber, Flugzeuge, Drohnen oder Marschflugkörper bis zu einer Höhe von 20 Kilometern und einer Entfernung von 40 Kilometern abschießen. Eine Steuereinheit besteht aus drei Startfahrzeugen mit bis zu acht Raketen, einem Zielerfassungsradar und einem Feuerleitzentrum. In der Kombination erlaubt das System laut Hersteller eine 360-Grad-Rundumverteidigung beispielsweise einer Großstadt wie Kiew. Per Infrarot sucht die Rakete die Hitzequelle ihres Ziels, in der Regel der Motor.

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Was ist der Vorteil?

Im Ukraine-Krieg können sich die Verteidiger besser gegen russische Luftangriffe schützen. Das System kann sehr schnell verladen und transportiert werden. Es ist hochmobil. Ein Riesenvorteil. Politisch dürfte vor allem eines für Scholz wichtig sein: Es ist keine Angriffswaffe. Es ist ein reines Verteidigungssystem.

Wie ist die Lieferung politisch zu bewerten?

Die Lieferung passt zum abgestimmten Vorgehen vieler Nato-Staaten zunehmend modernere Waffen zu liefern. Ukraines Präsident Wolodymir Selenkskyj sollte keinen Grund mehr haben, an der deutschen Waffenhilfe zu zweifeln. Seit Beginn der russischen Invasion hatte er auf die Lieferung von solchen Abwehrsysteme gedrungen.

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Wie kommt die Waffenhilfe in Russland an?

Erst vor wenigen Tagen hatte Kremlchef Wladimir Putin dem Kanzler am Telefon vor der Lieferung von schweren Waffen gewarnt. Und nun das: Zum Abwehrsystem kommt hinzu, dass Scholz auch Raketenwerfer und Radare zur Aufklärung von Artilleriestellungen versprochen hat. Zuletzt hatte Deutschland schon die ebenfalls moderne Panzerhaubitze 2000 zugesagt.

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Und wo ist der Haken?

Erstens bräuchten die Soldaten um Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj nicht eines, sondern gleich mehrere Systeme.

Zweitens war am Mittwoch noch nicht ganz klar, wie die Ausbildung organisiert werden soll. Die Bundeswehr kommt dafür eigentlich nicht in Frage, da sie dieses System gar nicht selbst führt. Das könnten allerdings andere Staaten übernehmen, so etwa Schweden. Die Ausbildung selbst soll nicht besonders zeitaufwendig zu sein; es sei eine Frage von wenigen Wochen, wie es heißt.

Drittens kann sich die Lieferung hinziehen. Für den Kampf um den Donbass kommt die Waffe wohl zu spät. Aufhorchen ließ ein Satz von Außenministerin Annalena Baebock (Grüne) im Bundestag: "Ja, das dauert – und zwar Monate." Andererseits heißt es, dass Diehl gerade eine Feuereinheit für Ägypten vorbereitet. Wenn die Ägypter mitmachen oder die Bundesregierung einschreitet, könnte der Hersteller die Lieferung zugunsten der Ukraine vorziehen.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de.