Berlin. Wirtschaftswissenschaftler fordern einen Anhebung des Rentenalters. Die Rente mit 70 könnte die Inflation abfedern, so die Experten.

Die Diskussion über eine längere Lebensarbeitszeit ist neu entbrannt: Mehrere Ökonomen sprachen sich am Mittwoch in der „Bild“-Zeitung für eine deutliche Anhebung des Renteneintrittsalters aus.

„Der Mix aus alternder Gesellschaft, hoher Verschuldung und Energiewende wird in den nächsten Jahren zu einer steigenden Gefahr für die Preisstabilität“, sagte der Vizepräsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Stefan Kooths, der Zeitung. Immer mehr Rentnern stünden immer weniger Beschäftigte gegenüber, so Kooths. Dies würde langfristig auch zu weiter steigenden Preisen führen.

Rente: Frühe Ruhestände könnten Inflation noch weiter verschärfen

Doch nicht nur das demografisch bedingte Finanzierungsproblem dürfte die Inflation weiter forcieren. Der Leipziger Wirtschaftswissenschaftler Gunther Schnabl erklärte in der „Bild“: „Deutschland hat schon heute ein riesiges Fachkräfteproblem, Hunderttausende Stellen sind unbesetzt.“ Experten rechnen deshalb automatisch mit steigenden Löhnen – was aber wiederum die Preise für Waren nach oben treiben würde.

„Die Menschen sollten sich deshalb darauf einstellen, länger zu arbeiten“, so Schnabl. Dies sei nicht nur wegen der aktuell hohen Inflation notwendig – die Politik habe in den vergangenen Jahren auch strategische Fehler gemacht, kritisierte der Ökonom. Mit verschiedenen Maßnahmen habe man zu viele Menschen ermuntert, früher in Rente zu gehen.

Rente mit 63: Ökonomen üben harte Kritik an Politik

Auch der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen geht mit der jüngsten Rentenpolitik, wie etwa der Einführung der Rente mit 63, scharf ins Gericht. Diese sei „mit immer neuen Schulden“ finanziert worden. Er fordert deshalb, den Renteneintritt künftig an die steigende Lebenserwartung zu koppeln.

Bereits im vergangenen Sommer hatte es Diskussionen um eine Anhebung des Rentenalters gegeben. Für große Aufregung hatten damals Vorschläge des Wissenschaftlichen Beirats beim Wirtschaftsministerium über eine Reform hin zur Rente mit 68 gesorgt. Nach aktueller Rechtslage wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben.

Das Missverhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentenbeziehern verschärft sich seit Jahren. 2020 kamen nach Berechnungen des Instituts für Deutsche Wirtschaft auf 100 Beitragszahler 57 Rentner, im Jahr 2030 dürften es nur noch 67 sein, im Jahr 2050 etwa 77. (bml mit dpa)