Berlin/München. Bestsellerautor Jürgen Todenhöfer zieht vor das Verfassungsgericht. Er sieht seine neue Partei durch die Corona-Maßnahmen im Nachteil.

An Selbstbewusstsein mangelt es Jürgen Todenhöfer nicht. „Wenn unsere Partei und ich überall ohne Einschränkungen auftreten könnten, bekämen wir bei der Bundestagswahl zehn Prozent“, sagt der frühere Manager.

Todenhöfer ist eine der schillerndsten Persönlichkeiten Deutschlands. 18 Jahre saß er für die CDU im Bundestag, war im Vorstand von Burda, reiste mehrfach in den Irak, oft unter Lebensgefahr. Mehrere Bücher hat er dazu publiziert, sie sind allesamt Bestseller.

Im vergangenen November hatte Todenhöfer eine eigene Partei mit seinem Namen gegründet – symbolträchtig an seinem 80. Geburtstag. Zuvor war er nach 50 Jahren aus der CDU ausgetreten. Mit seinem „Team Todenhöfer“ wollte er die Politik aufmischen. Doch der Wahlkampf gestaltet sich schwierig.

Jürgen Todenhöfer zieht vor das Verfassungsgericht

Wie neulich in Köln. Da teilte die Polizei Todenhöfer mit, dass maximal 300 Personen für seine Veranstaltung zugelassen würden. Am Ende wurden es 400.

„Das Wichtigste am Wahlkampf jeder neuen Partei ist, die Partei und ihre Spitzenkandidaten deutschlandweit bekannt zu machen“, sagt Todenhöfer. Nun könne er aufgrund der Corona-Lage aber keinen richtigen Wahlkampf führen: „Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Chancengleichheit aller Parteien ist dadurch nicht mehr gegeben.“

Die Bundestagswahl sei nicht mehr demokratisch: „Wir erleben gerade die Karikatur einer demokratischen Wahl. Das widerspricht unserem Grundgesetz.“

Wegen dieser Umstände hat sich der ausgebildete Jurist jetzt zu einem drastischen Schritt entschieden: „Wir werden das Bundesverfassungsgericht anrufen, um Chancengleichheit zu erreichen.“

Jürgen Todenhöfer Mitte Mai bei einer Kundgebung seiner Partei „Team Todenhöfer“ in München.
Jürgen Todenhöfer Mitte Mai bei einer Kundgebung seiner Partei „Team Todenhöfer“ in München. © imago images/Lindenthaler | B. Lindenthaler via www.imago-images.de

Wahlkampf in Pandemie-Zeiten ist für alle Parteien ein Novum

Der Ex-Manager sieht verschiedene Möglichkeiten, um für mehr Chancengleichheit zu sorgen: „Die Verschiebung des Wahltermins in Nach-Corona-Zeiten wäre eine Möglichkeit. Man könnte den neuen Parteien auch mehr kostenlose Wahlkampfwerbespots in den Öffentlich-Rechtlichen ermöglichen.“

Ein Wahlkampf in Zeiten der Pandemie ist für alle Parteien ein Novum. Die klassischen Instrumente wie große Kundgebungen oder der Haustürwahlkampf sind nur unter strengen Auflagen oder gar nicht möglich.

Die Bundestagswahl in Zahlen

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    Der Parteienforscher Uwe Jun von der Universität Trier hält Todenhöfers Anliegen deshalb für berechtigt. „Es ist richtig, dass es in der Corona-Pandemie für kleinere Parteien schwieriger ist, Aufmerksamkeit zu generieren. Hier müsste juristisch geklärt werden, wie Chancengleichheit hergestellt werden kann.“

    Wie Gandhi – wäre ziviler Ungehorsam eine Alternative?

    Der Politologe Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim sieht hingegen keinen großen Nachteil für kleinere Parteien: „Dass es weniger öffentliche Auftritte gibt, trifft ja alle Parteien gleichermaßen. Außerdem stehen trotzdem zahlreiche Wahlkampfinstrumente zur Verfügung: Broschüren, Postwurfsendungen, die Webseite, Social Media, Plakate. Zudem sollten Parteien, die zur Bundestagswahl antreten, über eine gewisse organisatorische Basis verfügen.“

    Todenhöfer und seiner Bewegung bleiben nur noch vier Monate Zeit, um am Wahltag in den Köpfen der Menschen als politische Alternative präsent zu sein. Sollte es mit der Beschwerde in Karlsruhe nicht klappen, denkt der Parteigründer bereits über andere Optionen nach: „Vielleicht gehen wir den Weg des gewaltfreien zivilen Ungehorsams wie einst Gandhi oder Martin Luther King.“