Triptis. Nur noch an einer Tankstelle in Triptis gibt es fertiges Zweitaktgemisch aus dem Zapfhahn

Zum Schulanfang sind sie plötzlich wieder überall. Kaum fünf Minuten kann man durchs Orlatal fahren, ohne ein knatterndes Schmuckstück mit zwei Rädern und DDR-Vergangenheit zu passieren.

Simson S51, Schwalbe und Co. sind in der Region fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung allgegenwärtig. Oft penibel gepflegt und von den Eigentümern hochgeschätzt. Um deren Durst nach Zweitakt-Kraftstoff zu stillen, greift der versierte Mopednutzer zu Benzin und Öl und mischt es im entsprechenden Verhältnis. 1:50 und 1:33 sind hier die gängigen Glückszahlen. In Triptis allerdings herrscht für Simsonfreunde und -freundinnen noch Luxus. Denn an der bft-Tankstelle mitten in der Stadt steht die letzte 1:50-Gemisch-Säule des Orlatals.

„Ich fahre immer speziell zum Tanken her, weil man hier Gemisch kriegt“, sagt am Dienstag die 16-jährige Carlotta Donner aus Tischendorf, einem Ortsteil von Auma-Weidatal im Landkreis Greiz. Genau 5,52 Liter hat sie soeben in ihre S51 getankt und nutzt die Ausfahrt nach Triptis gleich noch, um zum Optiker zu gehen.

Jasmin Eberhardt aus Triptis fährt auch eine grüne S51. Sie sagt, sie mischt den Treibstoff in der Regel selbst zuhause. Das sei überhaupt kein Problem. Aber sie finde es gut, dass es in Triptis die 1:50-Säule noch gibt. „Das ist praktisch.“ Jasmin Eberhardt ist 15 Jahre alt und seit circa acht Wochen mit dem Moped unterwegs. „Ich fahre leidenschaftlich gern mit meiner Simson“, sagt sie. Das Beste sei die neugewonnene Mobilität. „Ich setze mich gern auch mal einfach so auf den Bock und fahre herum.“ Dann schaue sie einfach, wo sie der Weg hinführe. Das sei gut, um einmal abzuschalten.

In Thüringen können Jugendliche seit 2013 schon mit 15 Jahren den Mopedführerschein ­machen. Bis dahin war das erst mit 16 Jahren erlaubt. Im Rahmen eines Modellprojektes bis 2020 (es gibt Pläne, die Regelung bundesweit umzusetzen) konnten nun auch 15-Jährige mit der Führerscheinklasse AM legal leichte Kleinkrafträder, die maximal 45 Kilometer pro Stunde erreichen, fahren. Die Simson Mopeds mit Erstzulassung vor 1992 erlauben in diesem Rahmen gar das Fahren mit bis zu 60 km/h. Darin liegt ein Grund für die ungebrochene Beliebtheit der DDR-Fabrikate aus Suhl.

Viele Mädchen fahren Simson

Diese Veränderung habe sich auch an der Zapfsäule in Triptis bemerkbar gemacht, sagt gestern Stephanie Pohl, Mitarbeiterin der bft-Tankstelle. „Seit dem letzten Jahr haben wir mehr Nachfrage nach dem Gemisch“, schätzt sie und unterstreicht, dass nun vor allem auch sehr ­viele junge Mädchen mit den Simson-Mopeds unterwegs seien. „Ich hatte gestern Frühschicht. Zum Schulbeginn hielten hier frühmorgens die Schüler mit den Mopeds an, da waren viele Mädels dabei.“ Am Wochenende fänden sich manchmal Grüppchen von bis zu zehn ­Mopedfahrern ein. Wenn das Triptiser Freibad geöffnet sei, merke man das zum Beispiel auch an der Tankstelle.

Stephanie Pohl verweist auch auf die Motocross-Veranstaltungen in Triptis. Da kämen dann auch Kunden und machten sich Kanister mit der Mischung voll. Der Liter koste immer 6 Cent mehr als der Liter Super, führt sie aus. Gestern Nachmittag waren das 1,46 Euro pro Liter. Laut Wikipedia verbraucht eine Simson S51 auf 100 Kilometern 2,5 Liter Sprit.

Und wo liegt der Reiz am Fahren der Mopedklassiker aus DDR-Zeiten? „Ich fahre seit einem guten Jahr“, sagt die ­16-jährige Carlotta Donner: „Es ist cool und hat ja auch eine gewissen Tradition.“