Berlin. Wie lange halten die Menschen den Pandemie-Modus aus? Um ihn zu beenden, sind grundsätzliche Fragen zu klären, meint Alexander Klay.

Die Hoffnung ist groß. Mit der Omikron-Variante könnte der Anfang vom Ende der Corona-Krise gekommen sein. Bei mehreren Hunderttausend Neuinfektionen am Tag dürften die meisten Menschen in Deutschland und Europa bald einmal mit dem Virus in Kontakt gekommen sein, ob bemerkt oder unbemerkt. Und dann? Alle immun, alles vorbei?

Leider kann das niemand wirklich seriös vorhersagen. Eine Pandemie ist nicht wirklich berechenbar, das liegt in der Natur der Sache. Das haben wir in den zurückliegenden Monaten zu spüren bekommen. Nach dem ersten Impferfolg im vergangenen Frühjahr breitete sich erst die Delta-Variante massiv aus und sorgte für volle Betten auf den Intensivstationen.

Corona: Raus aus dem Pandemie-Modus

Nun sprengt Omikron sämtliche bisherige Rekordzahlen bei der Inzidenz. Forscherinnen und Forscher halten es für möglich, dass danach wieder die Delta-Variante beim Infektionsgeschehen vorherrschend sein könnte. Der Ausgang ist ungewiss. Lesen Sie auch: Übergang zur Endemie – Wann ist die Pandemie endlich vorbei

Doch wie lange halten die Menschen den seit zwei Jahren anhaltenden Daueralarmzustand noch aus? Wie lange machen sie bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie noch mit? Zu Beginn des dritten Krisenjahres ist es an der Zeit, einen Weg raus aus dem Pandemie-Modus zu finden.

Alexander Klay, Wirtschaftskorrespondent
Alexander Klay, Wirtschaftskorrespondent © Reto Klar | Reto Klar

Corona – womöglich gekommen, um zu bleiben

Raus aus der Dauerkrise und hin zu einem routinierten Umgang. So wie sich unsere Vorfahren mit der Influenza arrangieren mussten, wird sich unsere Generation wohl auch auf Corona einlassen müssen. Eine ­mögliche Antwort liefert der Helmholtz-Forscher Gérard Krause.

Vielleicht geht es nicht mehr um die Frage, wie lange die Pandemie nun noch anhält oder nicht, sondern wie wir mit dem Coronavirus künftig umgehen wollen. Corona ist womöglich gekommen, um zu bleiben.

Pandemie: Brachiallockerungen derzeit überhaupt nicht denkbar

Neidisch guckt manch einer dieser Tage nach Dänemark oder Großbritannien. Trotz der Omikron-Welle mit Rekordzahlen an Neuinfektionen lassen die Regierungen den Alltag zurückkehren. Beide Länder haben gerade ihren zweiten Freedom Day – den weitgehenden Abschied von Abstandsregeln, Maskenpflicht und Corona-Pass.

Das mag durch die deutsche Brille betrachtet befremdlich wirken. Hierzulande ist an Brachiallockerungen derzeit überhaupt nicht zu denken. Bei uns regiert weiter das Prinzip der äußersten Vorsicht, auch immer mit einem sorgenvollen Blick auf die Auslastung der Intensivstationen. Doch auch bei uns wird der Druck steigen.

Ohne Antworten droht der nächste Corona-Frust

Für die Rückkehr zur Normalität sind viele grundsätzliche Fragen zu klären. Etwa diese, angemeldet von den Laborbetreibern für PCR-Tests: Wie lange hält der aktuell besonders hohe Bedarf an? Lohnt sich die Anschaffung neuer Analysegeräte? Oder bleibt man auf den hohen Investitionen schon in ein paar Wochen oder Monaten sitzen?

Ohne Antworten droht im nächsten Winter der nächste Corona-Frust, weil wieder alles dem Zufall überlassen worden ist.

Corona: Umgang mit Freiheit zunächst schwierig

Für die Gesellschaft wird der Umgang mit der zurückerlangten Freiheit zunächst sicherlich schwierig. Einerseits kann sich bis auf Kleinkinder nahezu jeder per Impfung sehr gut vor schweren Krankheitsverläufen schützen. In greifbarer Nähe sind wirksame Corona-Medikamente. Vielleicht setzt es sich auch durch, bei Erkältungssymptomen zum Schutz anderer eine Maske zu tragen. Das Virus wird beherrschbar.

Andererseits wird es vielen Menschen nach 120.000 Todesfällen und unzähligen Berichten über schwere Long-Covid-Fälle schwerfallen, die nun bald seit zwei Jahren geübte physische Distanz wieder aufzugeben. Wie locker das gesellige Beisammensein in der Kneipe wird, wenn niemand mehr Tests und Impfungen kontrolliert, wird sich erst noch zeigen müssen.