Davos. Von der Leyen will der US-Subventionspolitik etwas entgegensetzen und die Abhängigkeit von China verringern. So sieht ihr Plan aus.

Ein umfassendes Programm für klimafreundliche Technologien hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt. Dazu soll ein „Netto-Null-Industrie-Gesetz“ gehören, um „klare Ziele für saubere europäische Technologien bis 2030“ festzulegen, sagte von der Leyen am Dienstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Der Plan soll hiesige Industrien fördern, der Subventionspolitik der USA etwas entgegensetzen und die Abhängigkeit von China reduzieren.

Beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum ist die Neusortierung der globalen, politisch-militärischen Machtblöcke ein zentrales Thema, unter anderem ausgelöst durch den Angriff Russlands auf die Ukraine. Zweitens geht es um die Neubestimmung der weltwirtschaftlichen Positionierungen, beispielsweise der USA und Europas in Abgrenzung zu China, aber auch die Selbstbehauptung Europas gegenüber den USA. Und drittens wird viel über die Energieinflation und die Energiewende zur Milderung des Klimawandels diskutiert.

Mehr Geld für Hersteller von Solarzellen, Wärmepumpen und Batterien

Vor diesem Hintergrund sprachen am Dienstag nicht nur von der Leyen, sondern auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in Davos. Das WEF ist für Politikerinnen und Politiker interessant, weil ihre hier verbreiteten Botschaften wegen der großen Zahl der Teilnehmenden einen guten Teil der globalen Elite erreichen.

Von der Leyen sagte, man wolle die Beihilfevorschriften für die staatliche Förderung von Unternehmen „vorübergehend anpassen“, Genehmigungsverfahren beschleunigen und mehr öffentliche Finanzmittel zur Unterstützung von Industrieunternehmen zur Verfügung stellen. Dabei kann es unter anderem um die Herstellung von Solarzellen, Wärmepumpen, Batterien für Elektroautos oder die klimafreundliche Produktion von Stahl mittels grünem Wasserstoff gehen. Förderbar wären dann nicht nur Pilotprojekte, sondern auch Massenproduktionen. Europa solle „die Heimat“ sauberer Technologien werden, sagte von der Leyen. „In den nächsten Jahrzehnten werden wir den größten industriellen Wandel unserer Zeit erleben – vielleicht sogar aller Zeiten.“

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Abwandern von Industrien soll verhindert werden

Die EU ist mit den USA eng verbunden, betont aber auch ihre Eigenständigkeit gegenüber Amerika. Durch das Subventionspaket von US-Präsident Joe Biden zur Förderung der US-Wirtschaft (Gesetz zur Reduzierung der Inflation, IRA) will sich die EU-Kommission nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. So soll das angekündigte europäische Paket verhindern, dass Industrien in die USA abwandern. Allerdings betonte von der Leyen auch, dass die amerikanischen und europäischen Programme gemeinsam die grüne Transformation erheblich voranzubringen könnten.

Gegenüber China beschrieb von der Leyen ebenfalls einen zweigleisigen Ansatz. Die EU wollen sich nicht von China abkoppeln, im Notfall aber „alle Instrumente nutzen“, um gegen „unlautere Praktiken“ vorzugehen. Die große Abhängigkeit von China bei Rohstoffen, die entscheidend sind für die Energiewende, müsse reduziert werden. Die EU wolle „das bestehende Monopol“ überwinden.

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Unterschiedliche Ansichten bei Lindner und Habeck

Finanzminister Lindner nahm die Ansagen von der Leyens teilweise kritisch auf. Er saß in einer Podiumsdiskussion über die „Krise der steigenden Lebenshaltungskosten“. Die Absicht, das US-Programm unter anderem mit EU-Subventionen zu kontern, lehnte er ab. „Wir brauchen keinen Handelskrieg, sondern Handelsdiplomatie“, sagte Lindner. Der Finanzminister plädiert grundsätzlich dafür, mit staatlichen Mitteln eher sparsam umzugehen.

Im Bundeswirtschaftsministerium treffen die Aussagen von der Leyens dagegen auf Wohlwollen. Zusätzliche Verschuldung auf europäischer Ebene hält Minister Habeck für erwägenswert. Er nahm am Dienstag unter anderem an der Podiumsdiskussion über „Welthandel, Wachstum und Investment“ teil. Die augenblicklichen „Krisen, allen voran die Klimakrise, werden wir nur global meistern können“, sagte Habeck. „Umso wichtiger ist es, den Risiken entschieden entgegenzutreten, indem wir alles daran setzen, die Globalisierung besser, fairer und nachhaltiger zu machen.“ Der Wirtschaftsminister sprach sich deutlich für „mehr Handel“ aus. Dieser sei eine „Antwort auf Zersplitterung und Protektionismus“.

Deshalb habe Deutschland im vergangenen Jahr eine Offensive für neue Handelsverträge gestartet. So ratifizierte der Bundestag das Ceta-Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada. Weitere derartige Verträge sind in Vorbereitung, etwa mit Chile, Neuseeland und Australien. Handel dürfe sich aber nicht in Freihandel erschöpfen, sagte Habeck. Notwendig seien „als Grundlage soziale und ökologische Standards“. Das können Regelungen über den Schutz des Regenwaldes, Klimapolitik oder Mindestlöhne sein. „Das die Zukunft des Welthandels“, so Habeck.