Brüssel. Grillen und andere Insekten können künftig in deutschen Lebensmitteln landen. Wie gesund sie sind und wie Käufer die Produkte erkennen.

Insekten zu essen, ist für viele Menschen hierzulande noch immer eine widerliche oder zumindest exotische Vorstellung – verknüpft etwa mit einem Asienurlaub oder dem aufsteigenden Ekelgefühl beim Schauen des RTL-„Dschungelcamps“. Dabei sind neben etwa Mehlwürmern seit heute auch Hausgrillen in der EU für die Lebensmittelproduktion zugelassen – und die Liste der Insekten wird länger. Ein Überblick:

Insekten in Lebensmitteln: Was genau hat die EU erlaubt?

Von Dienstag (24. Januar) an dürfen auch Hausgrillen (Heimchen), in Lebensmitteln verwendet werden – ein entsprechendes neues EU-Gesetz tritt in Kraft. Ab Donnerstag (24. Januar) gilt dies auch für die Larven des Getreideschimmelkäfers, sogenannte Buffalowürmer. Wanderheuschrecken und die Larven des Mehlkäfers (gelber Mehlwurm) sind bereits zugelassen – letztere seit Mai 2021.

Wie kommen die Insekten auf den Markt?

Laut EU-Zulassung dürfen die Insekten gefroren, getrocknet oder als Pulver verwendet werden. „Die ersten fünf Jahre nach Zulassung darf aber nur der Antragsteller entsprechende Produkte auf den Markt bringen“, sagt Armin Valet, Lebensmittel- und Ernährungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg unserer Redaktion. „Ich erwarte nicht, dass es bald wirklich viele Lebensmittel mit Hausgrillen zu kaufen gibt.“

Sind Zulassungen für weitere Insektenarten geplant?

Laut EU-Kommission gibt es aktuell acht weitere Anträge auf die Zulassung von Insekten als Lebensmittel – unter anderen für die Schwarze Soldatenfliege. Hintergrund: Für jedes Insekten-Lebensmittel, das in Europa auf den Markt kommen soll, muss ein neuer Antrag gestellt werden. Im Rahmen der Prüfung jedes Antrags findet dann eine ausführliche wissenschaftliche Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit statt.

Warum brauchen Insekten überhaupt eine Zulassung?

Auch wenn Insekten in Asien, Lateinamerika und Afrika traditionell auf dem Speiseplan stehen, spielten sie in Europa bis 1997 kaum eine Rolle – und zählen damit zu den sogenannten neuartigen Lebensmitteln (Novel Food). Ausnahmen gab es seit 2018 für ganze Insekten – entsprechende Übergangsregelungen sind laut Valet aber ausgelaufen und Genehmigungsprozesse damit grundsätzlich verpflichtend.

Wo bekomme ich Insekten-Food?

In Europa werden Proteinpulver, Snacks, Brot, Müslis, aber auch Nudeln und Burger-Patties mit Insekten schon länger verkauft – unter anderem in Deutschland und Österreich. Letztere gab es zeitweise sowohl bei Rewe als auch bei Penny. Vorrangig findet man die Produkte jedoch nach wie vor im Internet.

Kann es passieren, dass ich Insekten esse, ohne es zu wissen?

Hausgrillen, auch Heimchen genannt, enthalten viel Eiweiß und sind künftig für Lebensmittel in der EU zugelassen.
Hausgrillen, auch Heimchen genannt, enthalten viel Eiweiß und sind künftig für Lebensmittel in der EU zugelassen. © Shutterstock / Holger Kirk | Holger Kirk

Nein. Laut den Verordnungen der EU-Kommission muss klar gekennzeichnet sein, wenn Insekten in Lebensmitteln verwendet werden und auch in welcher Form – etwa als Pulver. Zusätzlich muss demnach der Artname in der Zutatenliste genannt werden. Dort stünde zum Beispiel: „Teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille)“. Wer sich also ekelt, muss nicht befürchten, Insekten untergejubelt zu bekommen.

Wonach schmeckt Insekten-Food?

„Ich selbst habe keine persönliche Erfahrung“, sagt Valet, geht jedoch davon aus, dass die Insekten, wenn sie geröstet werden, sicherlich klassische Röstaromen haben wie andere Lebensmittel auch. Meist wird ihr Geschmack wegen ihres hohen Fettanteils als nussig beschrieben. Durch das mineralstoffreiche Exoskelett kann der Geschmack aber auch Schalentieren ähneln – aber ohne „Meeresnote“.

Was kostet Insekten-Food?

Bislang sind die meisten Produkte mit Insekten noch sehr teuer – von vereinzelten Aktionsangeboten in Discountern mal abgesehen. Bei einem entsprechenden Marktcheck der Verbraucherzentralen lag der Durchschnittspreis der Stichproben bei 43 Euro pro 100 Gramm.

Wie gesund sind Insekten?

Insekten gelten als nahrhaft, denn sie enthalten meist viel Protein sowie wichtige ungesättigte Fett- und Aminosäuren. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ordnet Insekten nach mehreren Studien wegen ihres hohen Gehalts an Fett, Eiweiß, Vitaminen, Ballaststoffen und Mineralien explizit als gesunde Nahrungsquelle ein.

Erste Supermärkte in Deutschland hatten zuvor bereits Burger-Patties mit Insekten wie Buffalo-Würmern im Sortiment.
Erste Supermärkte in Deutschland hatten zuvor bereits Burger-Patties mit Insekten wie Buffalo-Würmern im Sortiment. © Photothek via Getty Images | Florian Gaertner

Insekten-Foods: Müssen Allergiker aufpassen?

Offiziell fallen Insekten nicht unter die 14 offiziellen Hauptallergene. „Wegen des Insektenpanzers sollten gerade Menschen, die gegen Krebs-, Weichtiere oder Hausstaubmilben allergisch sind, vorsichtig sein“, warnt Valet. Laut EU-Verordnung muss ein Hinweis in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste angebracht werden. Wie die Verbraucherzentralen in ihrem Marktcheck feststellten, war die Allergenkennzeichnung bei Insekten-Foods zum Zeitpunkt der Tests jedoch lückenhaft.

Was haben Insekten als Nahrung für Vorteile?

Sie können nicht nur zu einer nahrhaften, sondern auch nachhaltigen Ernährung beitragen, da die Zucht verhältnismäßig ressourcenschonend ist. So wurde im aktuellen Fleischatlas ausgerechnet, dass beim Einsatz von Insekten bei der Lebensmittelproduktion im Vergleich zu Rindfleisch nur ungefähr ein Hundertstel der Emissionen freigesetzt wird. „Zudem sind bei Insekten etwa 80 Prozent essbar“, ergänzt Valet. „Beim Rind sind es nur 40 Prozent.“ Ein wichtiger Vorteil für den Klimaschutz.