Berlin. In der AfD gibt es besonders viele Politiker, die sich nicht gegen Corona impfen lassen. Nun mehren sich die Infektionen in der Partei.

  • Die AfD sorgt immer wieder mit Aussagen zur Corona-Pandemie für Wirbel
  • Einige Politiker der Partei leugnen gar die Wirkung der Corona-Impfung
  • Daran ändert oft sogar ein Aufenthalt im Krankenhaus nichts

Eine düstere Prognose hat Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kürzlich gewagt. Zum Ende dieses zweiten Corona-Winters werde fast jeder "geimpft, genesen oder gestorben" sein. Wie recht er damit haben könnte, müssen gerade einige Politiker der AfD erfahren. Weil viele von ihnen nicht nur die Corona-Politik der Regierung, sondern auch die persönliche Impfung demonstrativ ablehnen, werden immer mehr Fälle von Erkrankungen bekannt.

Jüngster Fall: Der sächsische Landtagsabgeordnete Ivo Teichmann. Per Facebook teilte er mit, dass er sich mit dem Virus infiziert hat, seit Donnerstag in einer Dresdner Klinik mit einer Lungenentzündung behandelt werden muss. Er dankte den Pflegern für ihre "aufopferungsvolle Arbeit". Der "Bild" sagte er, er "kämpfe um Lungenstabilität".

Warum er sich nicht impfen ließ? "Ich hatte in meinem familiären Umfeld gute Argumente gegen die Impfung." Welche genau, wollte er der Zeitung offenbar nicht verraten.

Zuvor hatte er noch gegen die Coronavirus-Politik polemisiert: "2G spaltet unsere Gesellschaft und schädigt massiv unsere Wirtschaft." Ungeimpfte würden "massiv ausgegrenzt", obwohl Geimpfte weiter infektiös seien. Einer seiner letzten Posts klingt nachdenklicher: "Wir müssen alle gesundheitlichen Risiken zur Corona-Erkrankung und Impfung sehr verantwortungsvoll und sorgsam abwägen." Und auch gegenüber der "Bild" klang er deutlich kleinlauter: "Wir sind alle Lernende in dieser Pandemie. Ich sage nicht, dass die Impfung nicht wirkt. Aber sie ist auch nicht das Allheilmittel. Jeder sollte selbst entscheiden. Mein Ergebnis ist noch offen."

Corona: AfD-Politiker trotz Infektion unbelehrbar

Nicht bei allen AfD-Politikern führt die eigene Erkrankung dazu, dass sie über ihre politische Haltung nachdenken. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Malte Kaufmann, der seine Infektion anscheinend ohne größere Probleme überstand, twitterte anschließend: "Ich bin nun Corona-'genesen'. Wenigstens sechs Monate keine Gängelei für die ganze Familie." Kaufmann hatte zu jenen Abgeordneten gehört, die sich seit der Konstituierung des neuen Bundestags lieber auf eine Extratribüne im Plenarsaal setzen, als die im Plenum geltende 3-G-Regel zu respektieren. Weil gewählten Abgeordneten der Zutritt nicht verweigert werden kann, dürfen sie trotzdem an den Sitzungen teilnehmen, aber nur von der Tribüne aus.

Dabei hatte Kaufmann wie auch die Führung der AfD zu Beginn der Pandemie zu jenen gehört, die der Regierung zu lasches Handeln gegen das Virus vorwarfen. So twitterte er Anfang März 2020: "Jetzt schon über 100 Tote in Italien. Der reine Wahnsinn, wie in Deutschland seit Wochen die Corona-Gefahr von Spahn und Co. heruntergespielt und verharmlost wird." Doch als die Bundesregierung einen härteren Kurs einschlug, machte die AfD eine 180-Grad-Wende in ihrer Corona-Politik.

Wer sich impfen lässt, verschweigt das lieber

Seither werden Erkrankungen in den eigenen Reihen – entgegen dem offiziellen Anspruch vom "Mut zur Wahrheit" – lieber verschwiegen oder heruntergespielt. Als nacheinander drei Mitglieder der Führung erkrankten, erst Tino Chrupalla, dann Alice Weidel, zuletzt Beatrix von Storch, war von ihnen selbst kaum etwas dazu zu hören.

Wer sich impfen lässt, versucht dies eher still und heimlich zu tun, um in den eigenen Reihen nicht unangenehm aufzufallen. Kein Wunder, behaupten doch viele AfD-Politiker wider besseren Wissens nach wie vor, dass es sich bei Corona nur "um eine Grippe" handele. Vermutlich auch deshalb räumte der 80-jährige Ex-Fraktionschef Alexander Gauland zwar auf Nachfrage ein, geimpft zu sein, wollte aber partout nicht verraten, mit welchem Impfstoff.

AfD-Fraktionschefin Weidel mit Coronavirus infiziert

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    Doch was passiert, wenn die Erkrankung so schwerwiegend verläuft, dass sie sich nicht mehr verharmlosen lässt? Der Fall des Bundestags-abgeordneten Thomas Seitz verdeutlicht das Dilemma, in dem direkt betroffene AfD-Politiker stecken. Dieser hatte Corona lange geleugnet, Masken als "unsinnig" bezeichnet. Für Aufmerksamkeit sorgte er, als er im Bundestag im November 2020 mit einer löchrigen Stoffmaske ans Pult trat, nachdem dort Maskenpflicht eingeführt worden war. Als die damaligen Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth ihm eine FFP-2-Maske gab und ihn aufforderte, diese zu tragen, sprach Seitz von einem "Maulkorb". Dafür erhielt er einen Ordnungsruf und wurde von seinen Anhängern im Netz gefeiert. Lesen Sie dazu: So gut schützen FFP2-Masken wirklich vor Infektionen

    Leugnen selbst nach der Intensivstation

    Kurz danach erkrankte der damals 53-Jährige an Corona. Selbst als er bereits im Krankenhaus lag, behauptete sein Sprecher gegenüber der "Lahrer Zeitung" noch, Seitz habe lediglich eine Grippe. Wochenlang lag Seitz auf der Intensivstation, musste beatmet werden. Nachdem er knapp überlebt und das Krankenhaus verlassen hatte, gab er seine Corona-Infektion zu, sprach von einer "zweiten Chance", die ihm geschenkt worden sei. Von der Pandemie-Politik seiner Partei wollte er aber nicht abrücken. Zurück im Bundestag gab er im Februar der "Welt" zu Protokoll: "Wir haben keine Pandemie." Da musste er wegen der Spätfolgen seiner eigenen Erkrankung ein mobiles Beatmungsgerät bei sich tragen.