Berlin. Rente: Frauen zahlen länger in die Rentenversicherung ein als vor 20 Jahren. Das bringt im Alter mehr Geld. Aber nicht immer genug.

Frauen in der gesetzlichen Alterssicherung haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei den Rentenansprüchen einen großen Schritt nach vorne getan. Das hat vor allem mit gestiegener Berufstätigkeit zu tun. Denn Frauen in Deutschland zahlen inzwischen erheblich länger in die Rentenkasse ein als in früheren Jahren und haben damit im Ruhestand auch Anspruch auf höhere Altersbezüge.

Laut einer statistischen Auswertung der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV), die unserer Redaktion vorliegt, kamen Frauen, die im vergangenen Jahr aus dem Berufsleben ausschieden, im Durchschnitt auf 36,9 Versicherungsjahre. Das ist etwa ein Drittel mehr als noch 2001.

Damals kamen Frauen bei Beginn ihrer Altersrente noch auf durchschnittlich 27,2 Beitragsjahre. Entsprechend geringer fielen damals ihre Bezüge und damit ihre finanzielle Absicherung aus. Das Plus an Versicherungsjahren bedeutet dagegen im Alter mehr Geld. Besonders deutlich ist der Anstieg in Westdeutschland.

Vor allem Frauen in Westdeutschland haben mehr Beitragsjahre als vor zwanzig Jahren

Dort nahm laut den DRV-Zahlen die Anzahl der durchschnittlichen Versicherungsjahre von Frauen zwischen 2001 und 2021 von 23,8 auf 35,4 Jahre zu. Im Osten Deutschlands, wo die Erwerbsbeteiligung von Frauen traditionell höher ist, gab es ebenfalls eine Zunahme. Dort stieg die Gesamtzahl der Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung binnen zwei Jahrzehnten von 40,9 auf 43,0 Jahre. Ein bereits hoher Stand im Jahr 2001 hat sich damit weiter erhöht.

„Die Zunahme der Versicherungsjahre ist hauptsächlich auf eine erhöhte Erwerbsbeteiligung von westdeutschen Frauen zurückzuführen“, erklärte der DRV-Vorstandsvorsitzende Christian Amsinck. Frauen, die derzeit in Altersrente gingen, hätten im Durchschnitt längere Erwerbsbiografien und damit eine höhere Anzahl an Versicherungsjahren als ältere Rentnerinnen.

Ein weiterer Grund für die Zunahme der Versicherungsjahre ist laut Rentenversicherung die Begrenzung von Möglichkeiten des vorzeitigen Rentenbezugs. Dadurch bleiben ältere Beschäftigte länger im Job, statt bereits vor Erreichend des Rentenalters auszusteigen. Es gibt aber weitere Faktoren, die beim Anstieg der Zahl der Versicherungsjahre eine Rolle spielen.

Die Ausweitung der Mütterrente spielt bei den Versicherungsjahren eine Rolle

So wirkt sich bei Rentnerinnen auch die erhöhte Anrechnung von Kindererziehungszeiten aus, wie es seit Einführung der so genannten Mütterrente der Fall ist. Sie wurde in den Jahren 2014 und 2019 ausgebaut. Mütter, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben, erhalten demnach zweieinhalb Rentenpunkte pro Kind, für später geborene Kinder sind es drei. Auch das erhöht in der Folge die Beitragszeiten.

Wie sich die längeren Beitragszeiten auf die einzelne Rente auswirkt, hängt aber auch von der Lohnhöhe im Erwerbsleben ab. Wer zum Beispiel immer zum Durchschnittslohn gearbeitet hat, bekam 2021 im Westen für jedes seiner Erwerbsjahre 34,19 Euro Monatsrente. Wer bis zum Renteneintritt im Jahr 2021 nur die einst üblichen 23,8 Jahre gearbeitet hatte, hat damit 813,72 Euro Monatsrente erreicht. Bei nun 35,4 Erwerbsjahren zum Durchschnittslohn kamen aber schon 1210,33 Euro heraus.

Rentenexperte der Linken warnt vor Altersarmut vor allem unter West-Frauen

Die Linke kritisiert jedoch, dass Frauen trotz der längeren Beitragszeiten nicht zwingend mit einer auskömmlichen Rente rechnen können. Zwar sei es gut, dass sich zwischen 2001 und 2021 die eigenständigen Altersrenten von Frauen in Westdeutschland beinahe verdoppelt hätten, sagte der rentenpolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion, Matthias Birkwald, unserer Redaktion.

„Der Trend steigender Versicherungsjahre und damit einer stabileren Erwerbsbeteiligung westdeutscher Frauen sei „beeindruckend, aber leider nur die halbe Wahrheit“, betonte Birkwald. Vielmehr gelte es auch zu berücksichtigen, „ob Teilzeit oder Vollzeit gearbeitet wurde und wie hoch der Lohn und damit die Rentenansprüche dann in der Summe pro Jahr ausfallen“.

Betrachte man diese Faktoren, zeige sich, dass es „noch ein weiter Weg hin zu einer eigenständigen Alterssicherung westdeutscher Frauen aufgrund von Erwerbsarbeit“ sei. Weibliche Beschäftigte im Westen seien „Hauptbetroffene von Altersarmut“. Existenzsichernde Renten erreichen sie im Durchschnitt „nur dann, wenn sie zusätzlich eine Witwenrente erhalten“. Alleinstehende und geschiedene Ehefrauen trügen immer noch „ein zu hohes Altersarmutsrisiko“, kritisierte Birkwald.

Höhe der Rente: Mann-Frau-Unterschied bei Bezügen ist im Westen größer als im Osten

Der Linke-Politiker forderte: „Niemand soll im Alter aktuell von weniger als 1.200 Euro netto leben müssen.“ Birkwald verwies auf eine DRV-Statistik, wonach die Durchschnittsrente westdeutscher Frauen im vergangenen Jahr 832 Euro betrug. Zwanzig Jahre zuvor waren es demnach nur 445 Euro. Ostdeutsche Rentnerinnen erhielten 2021 dagegen Bezüge in Höhe von durchschnittlich 1070 Euro. Zwei Jahrzehnte zuvor waren es 676 Euro.

Auch die Unterschiede bei der Höhe der Rente zwischen Frauen und Männern sind laut diesen Zahlen im Westen erheblich größer als im Osten. So erhielten Rentnerinnen in den neuen Ländern im vergangenen Jahr 93,8 Prozent dessen, was ostdeutsche Männer von der gesetzlichen Rentenversicherung erhielten. In Westdeutschland waren es indes nur 66 Prozent.