Berlin. Vierfache Mutter und Pinguinfan: Die Grüne Anne Spiegel aus Rheinland-Pfalz soll Familienministerin werden. Was will sie erreichen?

Man tritt Anne Spiegel wohl nicht zu nahe, wenn man sagt, dass ein großer Teil der Menschen in Deutschland ihren Namen bis zum Freitag noch nicht kannte. Als sich der Staub des grünen Machtkampfs um die Kabinettsbesetzung gelegt hatte, stand da plötzlich eine Landespolitikerin aus Rheinland-Pfalz in der ersten Reihe. Spiegel soll, wenn es kommt wie geplant, bald Bundesfamilienministerin sein.

Die 40-Jährige Mutter von vier Kindern hat Ampel-Erfahrung, in ihrer Heimat Rheinland-Pfalz ist sie seit fünf Jahren Landesministerin, zunächst für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, seit Januar 2021 für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten.

Hinter ihr liegt eine zügige landespolitische Karriere. Spiegel, die in Darmstadt, Mainz, Mannheim und Salamanca Politik, Philosophie und Psychologie studiert hat, ist seit mehr als 20 Jahren bei den Grünen, war Landessprecherin der Grünen Jugend. Doch erst 2011 machte sie die Politik zum Beruf und zog zum ersten Mal in den Landtag ein. Fünf Jahre später war sie Ministerin.

Nach dem Mord von Kandel brauchte Spiegel Personenschutz

Ihre Amtszeit im Land war auch von Herausforderungen geprägt: Nachdem 2017 in Kandel, nicht weit von Spiegels Heimat Speyer entfernt, eine 15-Jährige von ihrem aus Afghanistan stammenden Exfreund erstochen worden war, wurde Spiegel als Integrationsministerin so massiv angefeindet und bedroht, dass sie Personenschutz bekam.

Als Umwelt- und Klimaschutzministerin erlebte sie die Flutkatastrophe im Sommer, die Rheinland-Pfalz besonders hart traf, sprach unter anderem mit Grünen-Chefin Annalena Baerbock über das Hochwasser.

Spiegel wird, wenn die drei Parteien der Ampel-Koalition zustimmen, die erste grüne Familienministerin sein. Zu ihren Aufgaben wird es unter anderem gehören, die Kindergrundsicherung umzusetzen, die die Grünen in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt haben.

Mit Baby in die Politik: Spiegel vereint Familie und Politik

Als einen Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht Spiegel die Stärkung von Frauen und Familien, und auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Aus eigener Erfahrung weiß sie, wie schwierig das sein kann: Mit ihrem Mann, der aus Schottland kommt, hat sie vier Kinder. Das jüngste kam 2018 zur Welt, als sie schon Landesministerin war.

Vier Monate lang pausierte sie damals in der Politik - und brachte anschließend ihre Tochter als Baby mit in den Bundesrat. Die neuseeländische Premierministerin Jacinta Ardern, die ebenfalls während ihrer Amtszeit ein Kind bekam, ist für Spiegel ein Vorbild. Wegen ihrer Verbindung von Familie und Politik, aber auch wegen ihres Einsatzes für eine offene Gesellschaft.

Als Kind, schreibt Spiegel auf ihrer Website, habe sie unbedingt Pinguinforscherin werden wollen, weil Pinguine „unter unwirtlichsten Bedingungen überleben, weil sie starke Gemeinschaften bilden und solidarisch sind“. Gute Strategien auch für die Bundespolitik, wo der Wind sehr kalt werden kann.