Berlin. Die Ampel-Parteien wollen die Corona-Notlage beenden. Die Bundeskanzlerin schlägt Alarm und die Länder planen ein neues Spitzentreffen.

Deutschland, Anfang November. Die Inzidenz ist hoch, die Impfquote zu niedrig und die ersten Kliniken gehen wieder in den Krisenmodus. Deutschland ist nicht führungslos – aber in einer heiklen Phase: Die Bundesregierung ist abgewählt, die Neuen sind noch nicht im Amt, die Länder suchen sich eigene Wege. Wer steuert uns jetzt durch die Corona-Pandemie?

Die Ampel-Parteien

Trotz der angespannten Situation wollen SPD, Grüne und FDP die „epidemische Lage nationaler Tragweite“ zum 25. November auslaufen lassen. Damit die Länder dennoch einen gesetzlichen Rahmen haben, in dem sie Corona-Maßnahmen verhängen können, wollen die künftigen Ampel-Partner für die Übergangszeit bis zum 22. März einen neuen „Instrumentenkasten“ im Infektionsschutzgesetz festlegen. Harte Maßnahmen wie Ausgangssperren, Beherbergungsverbote oder Betriebsschließungen soll es jedoch nicht mehr geben. Maskenpflicht, Auflagen für Schulen oder Zugangsbeschränkungen über die Vorlage von Impf- oder Testnachweisen (3G oder 2G) werden aber weiterhin möglich sein.

Die Novelle des Infektionsschutzgesetzes soll am 11. November in den Bundestag kommen und am 18. November beschlossen werden. Danach muss der Bundesrat in einer Sondersitzung zustimmen, damit die Novelle bis zum 24. November in Kraft treten kann. Eine Zustimmung der Länder gilt als wahrscheinlich – denn ohne diesen Schritt stünden sie vom 25. November an ohne Rechtsgrundlage da: „Wichtig ist, dass die Ampelkoalition die Rechtsgrundlage schafft, dass die Länder ihre spezifischen Regelungen weiter rechtssicher umsetzen können“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther unserer Redaktion.

Die Kanzlerin

Angela Merkel (CDU) ist nur noch geschäftsführend im Amt – doch in der Pandemie will sie weiter Einfluss nehmen: „Wenn sich die pandemische Lage in den Krankenhäusern regional weiter zuspitzt, dann sind weitere Beschränkungen nur bei den Nichtgeimpften möglich“, ließ Merkel am Mittwoch über ihren Sprecher erklären. Solche Beschränkungen könne es in Form von 2G-Regeln geben. Das „Allerwichtigste“ sei aber, dass das Personal in Pflegeheimen Auffrischungsimpfungen bekomme.

Die FDP verlangte mehr Zurückhaltung von Merkel: „Sie kann nicht einfach Corona-Politik machen, als hätte es keine Bundestagswahl gegeben“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, unserer Redaktion. „Sie ist nur noch geschäftsführend im Amt.“

Der Gesundheitsminister

Jens Spahn will an diesem Donnerstag und Freitag seine Amtskollegen in den Ländern zu einer gemeinsamen Linie bringen: „Die Pandemie ist alles andere als vorbei“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin. In einigen Regionen steige die Zahl der Intensivpatienten, teils würden schon Verlegungen in andere Krankenhäuser geplant. Spahn will, dass die Länder systematisch für Booster-Impfungen bei den über 60-Jährigen werben und für die Auffrischungen ihre Impfzentren wieder öffnen. „Zu viele Impfwillige finden aktuell keinen Arzt, der sie impft.“ Doch bislang beißt Spahn auf Granit: Die Länder wollen zwar die Booster-Impfungen vorantreiben, aber dafür nicht die Zentren wieder öffnen.

Die Länderchefs

Um die Corona-Politik in der doppelt heiklen Lage von hohen Fallzahlen und laufender Regierungsbildung bundesweit wieder auf gemeinsamen Kurs zu lenken, will nicht nur das Kanzleramt, sondern auch der neue Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, NRW-Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), eine neue Bund-Länder-Runde. Voraussichtlich am kommenden Donnerstag sollen sich die 16 Regierungschefinnen und -chefs zusammenschalten. Es sei „jetzt die Zeit“, um sich über die ansteigenden Infektions- und Todeszahlen auszutauschen, so Kanzleramtschef Helge Braun. „Die Situation ist jetzt ernst und nicht in zwei oder drei Wochen.“

Schwerpunkte der Gespräche könnten die Ausweitung der 2G-Regel, die Booster-Impfungen, die Debatte über eine Impfpflicht für bestimmte Berufe und die Frage sein, ob es klug war, die kostenlosen Schnelltests für Ungeimpfte kostenpflichtig zu machen. Unter den Länderchefs haben viele zwar Zweifel, ob ein solches Treffen angesichts sehr großer regionaler Unterschiede in der Corona-Lage sinnvoll sei – doch platzen lassen will es bislang keiner. Er sehe, sagte Daniel Günther, keine Notwendigkeit für ein Bund-Länder-Treffen, respektiere aber „selbstverständlich den Gesprächswunsch anderer Länder“. Mehrere Länder haben unterdessen längst angekündigt, die Corona-Maßnahmen zu verschärfen – darunter Sachsen und Bayern, wo die Inzidenzen besonders hoch sind.