Brüssel. Die EU gibt Milliarden für den Kohleausstieg zum Klimaschutz, auch in Deutschland. Rechnungsprüfer warnen vor Verschwendung der Gelder.

Die Europäische Union fördert den Kohleausstieg in Deutschland und anderen Mitgliedstaaten mit neuen Milliardensummen. Allein für die vier deutschen Braunkohleregionen stehen in den nächsten vier Jahren 2,5 Milliarden Euro bereit, davon 680 Millionen Euro in Nordrhein-Westfalen, 785 Millionen Euro in Brandenburg, 645 Millionen in Sachsen und 364 Millionen in Sachsen-Anhalt.

Insgesamt will die EU sogar 19,5 Milliarden Euro ausgeben, um vor allem in Osteuropa den Übergang zur Klimaneutralität abzufedern, etwa durch Umschulungsprogramme für Beschäftigte oder Investitionen in erneuerbare Energien. Doch jetzt warnt der Europäische Rechnungshof vor einer Milliarden-Verschwendung.

Das neue Förderprogramm des „Just Transition Fund“ (Übersetzt: Fonds für gerechten Übergang) sei ohne Analyse des tatsächlichen Bedarfs und ohne Auswertung bisheriger Unterstützungsleistungen aufgelegt worden, heißt es in einem am Mittwoch in Luxemburg vorgelegten Bericht.

Förderung könnte Strukturwandel vielleicht nicht unterstützen

Es bestehe die Gefahr, dass die Gelder gar nicht zum Abfedern der sozialen und ökologischen Kosten des Kohleausstiegs ausgegeben würden – der Ukraine-Krieg und die Energiekrise erhöhten das Risiko, dass die Förderung überhaupt nicht den Wandel unterstütze.

Zudem erzeuge die EU-Kommission einen problematischen Zeitdruck, da die Fördermittel bis Ende nächsten Jahres verbindlich verplant und bis 2026 ausgegeben sein müssten. „Wenn man schnell Geld ausgeben muss, kann das dem Ergebnis schaden“, erklärten die Autoren. Schließlich fehlten messbare Zielvorgaben.

Der Rechnungshof mahnt die EU-Kommission eindringlich, für eine effiziente Mittelverwendung zu sorgen. Die Kontrollbehörde stützt ihre Warnung auf eine Prüfung der bisherigen EU-Förderung für den Umbau der Kohleregionen. Diese hätten „nur begrenzt dazu beigetragen, Arbeitsplätze zu schaffen und die Energiewende voranzutreiben“, heißt es in dem Bericht.

Kohleausstiegs-Förderung: Nur wenige Arbeitsplätze geschaffen

Die Prüfer hatten in Stichproben die Verwendung von rund 12,5 Milliarden Euro Fördermitteln der Europäischen Union untersucht, die von 2014 bis 2020 in die europäischen Kohleregionen geflossen waren. In Deutschland analysierten sie die Wirkung der Förderung in der brandenburgischen Lausitz. In den untersuchten Regionen hätten die geförderten Projekte keine wesentlichen Auswirkungen auf den Ausbau der erneuerbaren Energien gehabt, stellte der Rechnungshof fest.

Wasserdampf steigt aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde.
Wasserdampf steigt aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde. © Patrick Pleul/dpa/Archivbild

Auch EU-finanzierte Investitionen, die Energieeinsparungen bewirken sollten, hätten „nur mäßige oder nicht bezifferbare Auswirkungen gehabt“. Es seien auch relativ wenige Arbeitsplätze direkt geschaffen worden.

Schließlich monieren die Prüfer, dass heimische Kohle in einigen Mitgliedsstaaten durch Importkohle oder andere fossile Brennstoffe ersetzt wurde. So sei beispielsweise in Deutschland und Polen die Kohleförderung zwar zurückgegangen, dafür seien die Kohleimporte in den vergangenen 15 Jahren erheblich gestiegen. In der Lausitz hätten nach der Stilllegung des Braunkohletagebaus Cottbus die verbliebenen Tagebaue zum Ausgleich mehr Kohle gefördert.

Kritische Bilanz der Prüfer zum Klimaschutz: Kohle sei nach wie vor für erhebliche Treibhausgas-Emissionen in der EU verantwortlich, insbesondere in Polen, der Tschechischen Republik, Bulgarien, Deutschland, Slowenien und Rumänien. Auch seien Methan-Emissionen aus stillgelegten Kohlebergwerken nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.