Berlin. Im Kampf gegen die vierte Welle, soll auch in Apotheken geimpft werden. Noch fehlt es an Impfstoff - und einer entsprechenden Regelung.

Ein kurzer Spaziergang zur nächstgelegenen Apotheke, um dort gegen Corona geimpft zu werden? Was in Ländern wie den USA, Großbritannien, der Schweiz oder Norwegen schon längst der Fall ist, soll bald auch in Deutschland möglich sein. Denn hierzulande galt bisher: Eine Impfung konnte man sich fast ausschließlich nur in Impfzentren oder Arztpraxen holen. Jetzt nimmt die Debatte um ein breiter angelegtes Impfangebot weiter an Fahrt auf.

Geht es nach den Gesundheitsministerinnen- und ministern der Bundesländer, sollen künftig auch Apothekerinnen und Zahnärzte mit einbezogen werden, um das Impftempo zu beschleunigen. Nachdem die Zahl der verabreichten Corona-Impfungen in der Bundesrepublik wochenlang stockte, ist in den vergangenen Tagen neben den Booster-Impfungen auch die Quote der Erstimpfungen wieder gestiegen.

Klaus Holetschek leitet das Ressort der Gesundheitsminister der Länder. Der CSU-Politiker forderte am Montagabend nach einer Telefonkonferenz mit seinen Amtskollegen die Bundesregierung auf, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Impfungen in Apotheken und Zahnarztpraxen zu schaffen. Derzeit dürfen Apotheken in regionalen Modellprojekten nur gegen Grippe impfen. Das regelt der Paragraf 132 im Sozialgesetzbuch. Dieser solle nun um die Covid-19-Schutzimpfung ergänzt werden, so die Forderung der Gesundheitsminister. Das Ziel der Bundesregierung liest sich nämlich ambitioniert: mindestens 20 Millionen Auffrischimpfungen bis zum Jahresende. Es sei klar, „dass das nicht von heute auf morgen geht“, sagte Holetschek vor der Presse. Impfungen in Apotheken könnten aber Abhilfe schaffen.

Skepsis bei den Ärzten

Der Vorstoß der Gesundheitsminister regt indes Widerstand unter Medzinern. Tobias Brehme, Sprecher der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, beklagte gegenüber der Deutschen-Presse-Agentur: „Die Impfzentren werden nicht geöffnet, aber geimpft wird beim Apotheker. Das ist für die Ärzte nicht nachvollziehbar." Bei einer Impfung käme es schließlich auch auf ärztliche Expertise an.

Noch fehlt ein konkreter Plan für Corona-Impfungen in Apotheken und das grüne Licht der Bundesregierung. Eine entsprechende Regelung, dass Pharmazeuten impfen dürfen, gibt es nicht. Nachdem der Bund und die Länder am Dienstag über verschärfte Corona-Regeln diskutiert hat, will auch der designierte Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Impfmöglichkeiten vergrößern. Offenbar setzt der Sozialdemokrat dabei auch auf die Mitarbeit der Apotheken. „Wenn ich den Bundestag richtig verstehe, ist er bereit, das jetzt auf den Weg zu bringen“, sagte Scholz laut "Spiegel" über entsprechende rechtliche Anpassungen.

Die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Regina Overwiening, erklärte am Freitag: „Wenn der Gesetzgeber das will und Verstärkung an der Front der Impfenden gefordert ist, könnten wir Auffrischungsimpfungen in Apotheken ermöglichen." Bundesweit gebe es rund 2.600 Apothekerinnen und Apotheker, die eine Impfschulung absolviert hätten, also Patienten impfen dürfen. Sie wären „am schnellsten einsatzfähig.“

150.000 Impfungen pro Tag wären möglich

Allzu hohe Erwartungen will Overwiening aber nicht schüren. Es sei unklar, wie viele Impfungen in Apotheken bis zum Frühjahr stemmbar sind. Schon jetzt seien viele Apotheken mit nicht pandemiebedingten Aufgaben stark eingespannt. Generell ist sich Overwiening aber sicher, dass „Apotheken einen nennenswerten Beitrag leisten könnten.“

Derweil geht der „Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen“ (BVDAK) davon aus, dass Apothekenmitarbeiter bis zu 150.000 Corona-Impfungen verabreichen könnten – pro Tag. Vorausgesetzt, es gibt ausreichend Impfstoff.

Und den gibt es nicht. Gerade das Vakzin von Biontech/Pfizer liegt aktuell in ungenügender Menge vor. (lgr)