Berlin. Was bleibt vom Wir-haben-uns-alle lieb-Event der zerstrittenen Ampel-Koalition? Vor allem das Bild von Robert Habecks roter Sporthose.

Was bleibt von Meseberg? Wozu war sie gut, die zweitägige Kabinettsklausur im zugeschneiten Brandenburger Schloss, dieses „Wir-haben-uns-alle lieb“-Event der zerstrittenen Ampel-Koalition? Die Antwort ist brutal simpel. Was bleibt, ist die die rote Sporthose von Robert Habeck. In Erinnerung bleibt das Bild, wie der Vizekanzler schwungvoll die breite Barocktreppe hochläuft, am Sonntagmittag, bevor es richtig losging mit der Klausurtagung im Festsaal. Es ist dieses Bild, das mehr sagt als tausend Worte – über Habecks Gespür für die Kameras, aber vor allem auch über den Zustand der Koalition.

Der grüne Wirtschaftsminister wusste immer schon sehr genau, wie man sprechende Bilder produziert. Wer bei diesigem, grauem Winterwetter knallrot trägt und für alle Kameras sichtbar eine Runde joggen geht, statt noch mal im dunklen Anzug die Akten zu wälzen, tut das jedenfalls nicht ohne Wissen um die Wirkung. Das Signal: Habeck nimmt zwei Stufen auf einmal, macht sein Ding, kommt voran.

Zwei Stufen auf einmal: Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) ging vor der Klausurtagung joggen.
Zwei Stufen auf einmal: Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) ging vor der Klausurtagung joggen. © AFP | Tobias Schwarz

Das Bild vom joggenden Vizekanzler erzählt aber auch etwas über die Grünen in dieser Koalition – und abgeleitet davon auch viel über die anderen beiden Koalitionspartner: Die Grünen profitieren von der Ampel, ihre Minister und Ministerinnen sind beliebt, die Umfragen stabil. Das sieht bei der SPD schon anders aus – und erst recht bei der FDP.

Hintergrund:Rente und Autobahnen - darüber streitet die Ampel in Meseberg

Ampel-Koalition wird für die FDP zur Zerreißprobe

Julia Emmrich, Politik-Korrespondentin
Julia Emmrich, Politik-Korrespondentin © Anja Bleyl

Fünf Landtagswahlen hat die FDP verloren, seit die Liberalen in der Ampel mitregieren. Im Bund zeigt die Umfragelinie langsam, aber sicher immer weiter nach unten. Auch bei den ausstehenden Landtagswahlen in diesem Jahr, in Bremen, Bayern und Hessen, zeichnet sich bislang kein sicheres Ticket für eine Trendumkehr ab. Christian Lindners politisches Sportprogramm ist deswegen derzeit auch nicht Jogging, sondern Spagat: Der FDP-Chef muss das Profil seiner Truppe schärfen, sich gleichzeitig aber auch als Koalitionspartner erweisen, der nicht nur mit der Abrissbirne unterwegs ist.

Das Ergebnis: Die FDP lässt keine Gelegenheit aus, Nein zu sagen, auf die Bremse zu treten oder mit Vetos zu drohen. Gleichzeitig aber lässt Lindner auch kaum eine Gelegenheit aus, den Kanzler zu loben, seine Wertschätzung für den Regierungschef zu betonen.

Scholz und Lindner sind auf die Ampel angewiesen – nicht Habeck

Die Grünen dagegen haben diesen Spagat nicht nötig. Sie schießen manchmal übers Ziel hinaus, geraten dabei aber nicht wie die FDP dauernd in die Rolle der notorischen Nervensäge. Der Effekt: Sie wirken bei allem immer eine Spur entspannter. Was schlicht daran liegt, dass sie nicht mit dem Rücken zur Wand stehen – beziehungsweise mit einem Fuß schon in der Todeszone der Fünf-Prozent-Hürde.

Mehr noch: Die Grünen sind die Partei, die gerade die meisten Regierungsoptionen in Bund und Ländern hat. Scheitert die Ampel, wartet die Union als potenzieller Bündnispartner. SPD und FDP dagegen sind allein schon mit Blick auf die nächste Bundestagswahl zum Erfolg verdammt: Für Olaf Scholz und Christian Lindner gibt es nach aktueller Lage der Dinge keine andere realistische Machtoption als eine Wiederholung der Ampel. Zur Sprache bringt diesen Gedanken am Ende ausgerechnet Habeck: Die Klausur in Meseberg habe gezeigt „wie sehr wir aufeinander angewiesen sind“ sagt Robert, wie Olaf Scholz seinen grünen Vizekanzler öffentlich nennt. Was Robert verschweigt: Es sind vor allem Olaf und Christian, die auf die Ampel angewiesen sind.