Berlin. Das Koalitionstreffen in Meseberg hätte ein Befreiungsschlag sein können. Doch dazu fehlte der Ampel die Kraft, meint unsere Autorin.

Ein pannenreicher Olaf Scholz, ein entzauberter Robert Habeck, ein umstrittener Christian Lindner – ist diese Ampel die richtige Koalition für die Dreifachkrise aus Krieg in Europa, Inflation und Energieschock? Zunächst war sie das: Ohne großes Gefackel warfen alle drei Partner heilige Grundsätze über Bord, um handlungsfähig zu bleiben. Sehr erwachsen, sehr pragmatisch.

Julia Emmrich. Politik-Korrespondentin
Julia Emmrich. Politik-Korrespondentin © Anja Bleyl | Anja Bleyl

Der FDP-Finanzminister machte eine Staatshilfe nach der anderen locker, der grüne Wirtschaftsminister setzte wieder auf Kohleverstromung und denkt ernsthaft über eine längere Nutzung der Atomkraft nach. Und die SPD stimmte zähneknirschend der Lieferung schwerer Waffen zu.

Habeck: Wäre der Grüne der bessere Kanzler?

Doch je länger die Krise dauert, desto sichtbarer werden die Risse, die Gereiztheiten und die offenen Attacken. Die FDP regt sich über die in ihren Augen stramm linken Forderungen von SPD und Grünen auf, die wiederum ärgern sich über das, was sie als liberale Klientelpolitik geißeln. Und über allem schwebt die Dauerfrage, ob Scholz der richtige Kanzler ist – oder ob nicht Habeck der bessere wäre, hätte er nicht die Gasumlage versemmelt.

Das Koalitionstreffen in Meseberg hätte ein Befreiungsschlag für die Koalition sein können. Mit klaren, mutigen Beschlüssen für ein drittes Entlastungspaket, für eine gut funktionierende Gasumlage und die Zukunft des 9-Euro-Tickets. Stattdessen: Demonstrative Harmonie, wenig Konkretes.

Preisschock: Koalition ringt weiter um das dritte Entlastungspaket

Immerhin: Das Entlastungspaket soll kommen, doch erst, wenn alle Widerstände niedergerungen sind. Vor allem Habeck, der Einblicke in die Seelenlage der Regierung zum persönlichen Stilmittel gemacht hat, wirkt unendlich müde. Als sei die Kraft schon aufgebraucht, bevor der Krisenwinter überhaupt begonnen hat.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.