Berlin/Ramstein. Keine Leopard-Panzer für die Ukraine: Die deutsche Blockade beim Ramstein-Gipfel hat zu großer Verärgerung geführt. Die Reaktionen.

Die Bundesregierung sagt Nein: Die Ukraine wird keine Leopard 2-Kampfpanzer erhalten. Das ist das Ergebnis des Ukraine-Gipfels im westpfälzischen Ramstein am Freitag. Nicht nur wird Berlin keine eigenen Panzer dieses Bautyps liefern – es verbietet als Herstellerland auch anderen Ländern, die Leopards aus ihren Beständen an die umkämpfte Ukraine zu schicken. Gerade diese Entscheidung sorgt deutschlandweit und international für heftige Kritik.

Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckhardt hat sich enttäuscht über die Haltung der Bundesregierung gezeigt. "Ich hätte mir gewünscht, dass bereits in dieser Woche die deutsche Regierung den Weg für die Lieferung von Leopard-Panzern freigemacht hätte", sagte die Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestages unserer Redaktion. "Die Ukraine verteidigt nicht nur ihr eigenes Land, sondern auch unsere Freiheit." Die 56-Jährige machte außerdem deutlich: "Es ist nicht der Westen, der mit Mardern oder Panzern für die Ukraine eine rote Linie überschreitet. Die rote Linie hat Putin bereits vor neun Jahren mit der Annektion der Krim überschritten." Lesen Sie auch: Deswegen möchte die Ukraine den Leopard-Panzer unbedingt haben

Keine Leopard-Panzer für Ukraine: Entscheidung sei "beschämend"

Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, ging mit der deutschen Entscheidung hart ins Gericht. Es wäre richtig gewesen, zumindest den Partnern Deutschlands schon einmal grünes Licht zu geben, sagte Strack-Zimmermann am Freitagabend im "ZDF heute journal". "Dass das nicht gekommen ist, das ist nicht nur traurig", sagte sie. "Die Geschichte schaut auf uns, und Deutschland hat leider gerade versagt." Es sei "beschämend".

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Sie kritisierte die Kommunikation der Bundesregierung im Ukraine-Krieg. Die sei "einfach miserabel". "Wenn der Kanzler das nicht will, dann muss er uns das erklären, es den Menschen erklären." Aus ihrer Sicht würden die Leopard-Panzer früher oder später ohnehin kommen, auch wenn Berlin dabei nicht die Führung übernimmt. Wladimir Putin könne sich an diesem Tag die Hände reiben, sagte sie.

Begehrtes Waffensystem: der Panzer des Typs Leopard 2 A4
Begehrtes Waffensystem: der Panzer des Typs Leopard 2 A4 © dpa | Csaba Krizsan

Deutsche Panzer-Blockade: Melnyk echauffiert sich auf Twitter

Die Ankündigung des neuen Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), die Leopard-Bestände bei der Bundeswehr müssten zunächst geprüft werden - knapp ein Jahr nach Kriegsbeginn -, rief Empörung und Spott hervor. Der stellvertretende Außenminister und frühere deutsche Botschafter der Ukraine in Berlin, Andrij Melnyk, echauffierte sich auf Twitter darüber. "Was soll man da bitteschön prüfen, Herr Pistorius? Liefern! Schade, dass sich die Ampel so bloßstellt." Melnyk forderte die Bundesregierung auf, sich nicht länger "hinter dem Rücken der Amerikaner zu verstecken". Lesen Sie auch: Ukraine-Krieg – So viele Waffen liefert Deutschland

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Die baltischen Staaten reagierten in einer gemeinsamen Erklärung auf Twitter auf die Berliner Entscheidung. "Wir, die Außenminister von Litauen, Lettland und Estland, rufen Deutschland dazu auf, der Ukraine jetzt Leopard-Panzer zu liefern. Das ist notwendig, um die russische Aggression aufzuhalten, der Ukraine zu helfen und den Frieden in Europa schnell wiederherzustellen", hieß es am Samstagmorgen. "Deutschland als die führende europäische Macht trägt dabei eine besondere Verantwortung."

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, sein Land werde weiter um moderne Panzer kämpfen. "Aber mit jedem Tag machen wir es noch offenkundiger, dass es keine Alternative gibt zu der Entscheidung für Panzer", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft am Freitagabend. Nicht alles, was auf der US-Airbase in Ramstein besprochen wurde, sei für Öffentlichkeit bestimmt - er zeigte sich optimistisch, dass die Ukraine die Kampfpanzer letztlich erhalten werde.

Lesen Sie auch den Kommentar: Keine Panzer für die Ukraine – Deutschlands Spiel auf Zeit

Ukraine: Expertin analysiert, warum Scholz keine Kampfpanzer schicken will

Die sicherheitspolitische Expertin Minna Alander vom "Finnish Institute for International Affairs" analysierte auf Twitter: "Mir scheint der Schlüssel zu Deutschlands Widerstand, Panzer zu liefern, darin zu liegen, was Olaf Scholz immer sagt: Die Ukraine soll nicht verlieren, und Russland soll nicht gewinnen." Stattdessen solle die Ukraine genügend Unterstützung erhalten, um durchzuhalten, bis beide Seiten zu Verhandlungen bereit seien.

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Scholz sei nicht sicher, ob ein militärischer Sieg der Ukraine überhaupt das Ziel sein sollte. Der Grund, schreibt Alander: Man fürchte in Berlin, dass die Konsequenzen im Falle einer russischen Niederlage unvorhersehbar und gefährlich sein könnten. Dies zeige sich in all der militärischen Hilfe, die Deutschland der Ukraine bislang habe zukommen lassen: Die Geräte dienten der Verteidigung, aber nicht der (effektiven) Gegenschläge.

Wenn Scholz sage, Deutschland werde die Ukraine solange wie nötig unterstützen, dann meine er: bis zur Einigung auf Verhandlungen. Die militärische Position der Ukraine, so die Lesart, müsse soweit gestärkt werden, dass Russland die Bedingungen nicht diktieren könne. Damit blicke Scholz auch auf Umfragen, wonach die meisten Deutschen ein Ende des Krieges eher durch Verhandlungen sehen als durch einen militärischen Sieg einer Seite.

Dies Analyse Alanders erklärt allerdings nicht, warum Deutschland auch anderen Staaten untersagt, Leopards zu liefern. (mja/mit Material von dpa)

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt