Hainspitz/Nickelsdorf. Am 22. Mai ist Tag der Biodiversität. Ein Gespräch über die Arbeit der Natura 2000-Station Mittlere Saale in Nickelsdorf.

Christine Teumer deutet auf eine mächtige Stieleiche im Hainspitzer Park. In dem Baum konnte das Vorkommen eines besonderen Käfers, dem Eremit, nachgewiesen werden. In zahlreichen weiteren Bäumen im FFH-Gebiet „Hainspitzer See und Park“ sei der seltene Käfer zu Hause, sagt Teumer. Seit 2020 leitet sie die Natura 2000-Station in Nickelsdorf. „Unsere Aufgabe ist es, die Flora und Fauna in einen guten Zustand zu bringen“, sagt Christine Teumer. Für insgesamt 19 Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) und ein Vogelschutzgebiet ist das Team der seit 2017 bestehenden Natura 2000-Station Mittlere Saale, mit Sitz in Nickelsdorf, zuständig. Etwa 20 Mitarbeitende sind aktuell für die Station im Einsatz. Zum internationalen Tag der biologischen Vielfalt, der seit 2001 stets am 22. Mai gefeiert wird, erklärt Christine Teumer, warum biologische Vielfalt so wichtig ist und was sie in ihrem Alltag als Naturschützerin bewegt.

Naturschützerin im Saale-Holzland: „Es braucht Artenreichtum“

Die Hauptaufgabe der Station besteht in dem Schutz von Lebensräumen im Offenland, also nicht bebaute oder durch Bäume dominierte Flächen, wie zum Beispiel Wiesen und Gewässer. Insgesamt gibt es in Thüringen 12 Stationen sowie ein Kompetenzzentrum. Die Klimakrise sei vielen Menschen präsent. Aber auch das Artensterben schreite rasant voran, oft sogar unbemerkt. In den Vereinigten Staaten würden Imker mittlerweile für die Aufstellung von Bienenvölkern auf großen Mandelplantagen bezahlt. Bestäubungsimkerei ist dort ein eigener Betriebszweig. „Bestäubung ist ein plakatives Beispiel. Es gibt so viel Vernetzung über die wir kaum etwas wissen. Deshalb müssen wir darüber reden.“

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Es brauche Artenreichtum. Ein weiteres Beispiel dafür sei der Wald. „Am Sterben der Fichtenwälder sieht man, dass artenarme Bestände nicht stabil sind.“ Artenreiche Wiesen seien ein Kulturgut, eine Pionierleistung der Vorfahren, die geschützt gehören.

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Wie ihr Alltag als Stationsleiterin aussehe? „Der Beruf ist unromantischer, als man sich das vorstellt“, sagt Teumer mit Blick auf die Bürokratie. „Wir schreiben Förderanträge“, nennt sie ein Beispiel. Zum Teil dauere es ein bis zwei Jahre bis ein Projekt schlussendlich genehmigt sei. „Es hängt oft nicht am Geld, sondern ist eine Frage des Verwaltungsaufwandes.“ Manche Maßnahmen bräuchten viel Vorlauf und seien am Ende binnen eines Tages erledigt.

Ein Schild weist auf das FFH-Gebiet 229 „Hainspitzer See und Park“ hin.
Ein Schild weist auf das FFH-Gebiet 229 „Hainspitzer See und Park“ hin. © Funkemedien Thüringen | Julia Grünler

Was ihren Job als Naturschützerin erleichtern würde? „Ich wünschte mir manchmal etwas weniger Dokumentation. Aber wir machen das alle mit Herzblut“, sagt sie. Abschrecken lasse sich davon keiner. „Naturschutz ist der schönste Beruf, den man machen kann.“ Wichtig sei auch eine flächenbezogene, stetige und vor allem langfristige Förderung, sagt Teumer. Auch für die Menschen vor Ort sei ein dauerhafter Ansprechpartner wichtig. „Es sind nicht nur Maßnahmen für die Artenvielfalt, sondern auch für die Menschen vor Ort.“ Investitionen würden zum Beispiel in Firmen vor Ort fließen und es werde versucht, die Natur so zu erhalten, wie die Menschen sie noch aus der eigenen Kindheit kennen.

Auch der Biber hat sich in Hainspitz angesiedelt. Einige Bäume wurden zum Schutz vor dem Nager nun mit einem Drahtgeflecht eingefasst. 
Auch der Biber hat sich in Hainspitz angesiedelt. Einige Bäume wurden zum Schutz vor dem Nager nun mit einem Drahtgeflecht eingefasst.  © Funkemedien Thüringen | Julia Grünler

14 Fledermausarten und seltener Käfer im Hainspitzer Park nachgewiesen

In Hainspitz sind die Naturschützer mit gleich drei Projekten aktiv, unter anderem mit dem Erhalt von Habitatstrukturen im Hainspitzer Park, also ausnahmsweise einem Waldprojekt. Vor allem die Offenheit vor Ort sowie die gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde lobt Teumer. Im Hainspitzer Park seien insgesamt 14 Fledermausarten nachgewiesen worden. Und eben auch der Eremit konnte in einigen Bäumen gefunden werden. Im Park selbst waren es zehn Brutbäume. „Im kommenden Winter soll ein Pflegeschnitt stattfinden“, kündigt Teumer an. So sollen die Bäume, die oftmals Trockenschäden aufweisen, stabiler werden. Und auch der Biber sei vor Ort wieder heimisch, weiß der Hainspitzer Bürgermeister Jörg Lehmann, der Bissspuren des streng geschützten Tieres an Bäumen zeigt.

Rund um die Natura 2000-Station werden regelmäßig Entdeckertouren und Aktionen angeboten. Am kommenden Freitag, 24. Mai, 16 bis 18 Uhr, gibt es eine geologisch-botanische Exkursion am Alten Gleisberg. Los geht es am Parkplatz am Teich in Löberschütz. Am Samstag, 26. Mai, 9 bis 13 Uhr, geht es auf Exkursion in die Welt der Orchideen und Insekten. Startpunkt ist der Feuerlöschteich Wöllnitz. Eine verbindliche Anmeldung ist unter h.hoffmann@rag-sh.de oder 015566 476087 erforderlich.