Berlin. Wer das Fenster oder die Heizung austauschen möchte, erhält weniger Zuschüsse. Die Wohnungsbranche ist entsetzt über die Ampel-Pläne.

Eigentlich soll Deutschland seine Gebäude klimafit machen. 35 Prozent des Endenergieverbrauchs werden in Gebäuden verursacht, viel zu viel in Zeiten einer Gaskrise. Weil in deutschen Wohnungen noch immer vorrangig mit Gas und Öl geheizt wird, wird bereits über eine Absenkung der Mindesttemperatur debattiert, sollte das Gas im Winter knapp werden. Zusätzlich setzt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf eine Sanierungswelle und will die Energieeffizienz der Häuser steigern.

Umso verwunderter dürfte so mancher Immobilienbesitzer von den jüngsten Plänen der Bundesregierung sein: Denn die Fördersätze werden abgesenkt. Am Dienstagabend stellte das Bundeswirtschaftsministerium seine Reform für die sogenannte Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) vor, die bereits ab Donnerstag in gestufter Reihenfolge in Kraft treten soll.

Wohnen: Fördersätze für Sanierungen sinken

Für diejenigen, die gerade über eine Sanierung nachdenken, beinhalten die Pläne schlechte Nachrichten. Wer sein Haus komplett auf eine bessere Effizienzhausstufe saniert, konnte bisher mit Zuschüssen von bis zu 75.000 Euro rechnen. Künftig können maximal 67.500 Euro erhalten werden – in Form von Zuschüssen und Zinsvergünstigungen und auch nur dann, wenn man einen Bonus mit einkalkuliert, der nur gezahlt wird, wenn man besonders schlecht sanierte Gebäude zu effizienten Gebäuden saniert. Solche Maßnahmen sind in der Regel besonders kostspielig und in der Immobilienbranche daher besonders umstritten.

Aber auch bei Einzelmaßnahmen sinken die Zuschüsse. Wer etwa das Fenster tauscht oder sich eine Wärmepumpe installieren möchte, muss mit geringeren Subventionen auskommen. Statt bis zu 30.000 Euro für den Kauf einer Wärmepumpe gibt es künftig nur noch 24.000 Euro, beim Fenstertausch sind es 12.000 Euro statt 15.000 Euro.

Reaktion auf Förderchaos

„In Zukunft bekommt der oder die Einzelne etwas weniger an Förderung als vorher, aber dafür können viele Menschen von den Förderprogrammen profitieren“, rechtfertigte Habeck die abgesenkten Sätze. Er verwies auf den Hintergrund der „haushaltspolitischen Vorgabe“. Jüngst hatte bereits Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Immobilienbranche darauf eingestimmt, Subventionen zurückzufahren.

Die Ampel-Koalition reagiert damit auf ein regelrechtes Förderchaos, das sie im Januar angerichtet hatte. Weil kein Geld mehr zur Verfügung stand, musste sie die Förderung für den Bau energieeffizienter Gebäude stoppen. Es hagelte Kritik – insbesondere im Hinblick auf das Koalitionsziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Unisono beerdigten Branchenvertreter das Vorhaben verbal, die Ampel-Koalition selbst hält weiter an dem ambitionierten Ziel fest. Als ein neuer Fördertopf aufgelegt wurde, war dieser binnen weniger Stunden erneut vergriffen, das Chaos wiederholte sich.

Künftig soll mehr Geld zur Verfügung stehen

Um sich eine solche Peinlichkeit ein drittes Mal zu ersparen, stellt die Ampel-Koalition die Förderung nun grundlegend neu auf. Zwar sinken die Fördersätze, die finanziellen Mittel aber steigen. Wurden 2020 rund fünf Milliarden Euro und 2021 rund acht Milliarden Euro für die Förderung effizienter Gebäude bewilligt, so sollen künftig bis zu 14 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung stehen, davon bis zu 13 Milliarden Euro für die Sanierung. Zwischen Januar und Juli des laufenden Jahres wurden bisher 9,6 Milliarden Euro für Sanierungen zur Verfügung gestellt.

Finanziert werden die Projekte damit nicht aus dem Bundeshaushalt – sondern aus dem Energie- und Klimafonds (EKF), der nun zu einem Klima- und Transformationsfonds (KTF) umgebaut wird. Im Prinzip handelt es sich dabei um einen Schattenhaushalt. Als Lindner im Dezember des vergangenen Jahres als eine seiner ersten Amtshandlungen 60 Milliarden Euro an nicht genutzten Corona-Krediten in den Fonds umschleuste, sorgte das für Kritik. Die Union klagt gegen den Nachtragshaushalt vor dem Bundesverfassungsgericht.

IG-BAU-Chef spricht von "energiepolitischer Blutgrätsche"

Fassungslos zeigt sich die Bau- und Wohnungsbranche von der Reform. „In dieser kritischen Phase dem Energiespar-Engagement einen Dämpfer zu geben, wirkt wie eine energiepolitische Blutgrätsche“, sagte der IG-BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger unserer Redaktion. Habeck wolle, dass der Thermostat an der Heizung heruntergedreht werde, führte Feiger aus. „Gleichzeitig dreht er an der Schraube, die das Heizen effektiv macht.“

Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW, sprach von der „größtmöglichen Katastrophe“ für sozial orientierte Wohnungsunternehmen in ihrem Engagement für den Klimaschutz. Entweder würden Klimaschutzinvestitionen nun unterbleiben oder über steigende Mieten refinanziert werden, so Gedaschko.

Kai H. Warnecke, Präsident von Haus und Grund, begrüßte, dass nun Struktur in die Förderung komme. Aufgrund der knappen Finanzausstattungen seien in der Vergangenheit die Gelder regelmäßig bei Unternehmen angekommen, Verbraucher seien oft leer ausgegangen. Die Fördersätze zu reduzieren, hält Warnecke aber für ein „falsches Signal“.

Für den Neubau soll separat eine neue Förderung erarbeitet werden

Losgelöst von den neuen Plänen ist die Neubauförderung, die das Förderchaos erst ausgelöst hat. Bis zum Jahresende wird der Bau von Energieeffizienzhäusern der Stufe 40 gefördert. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) arbeitet derzeit an einer Neugestaltung der Förderung. Klar ist aber bereits: Statt Zuschüsse wird es künftig vermehrt Zinsvergünstigungen geben, für Bauherren wird es also teurer.

Wirtschaftsminister Habeck legt den Fokus aber ohnehin auf die Sanierungen. „Der Effekt für Energieeinsparung und Klimaschutz liegt bei der energetischen Gebäudesanierung rund um das 4,5-fache höher als im Neubau“, sagte der Grünen-Politiker. „Jetzt zu sanieren, Fenster auszutauschen, die Gasheizung rauszuwerfen – das hilft, um Kosten zu sparen und geht mit Klimaschutz Hand in Hand“, appellierte er.

Bis August gelten noch die alten Fördersätze

Bei Appellen belässt es die Bundesregierung dabei nicht, sie zieht die Zügel an. Ab 2024 dürfen etwa nur noch neue Heizungen eingebaut werden, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Förderung für Gasheizungen wird gestrichen, stattdessen wird auf eine Art Abwrackprämie gesetzt. Wer seine Gasheizung austauscht, soll einen Bonus erhalten.

Wer schnell ist, kann allerdings auch noch von den alten Fördersätzen profitieren. Denn die Förderung wird auch technisch neu aufgestellt. Während beispielsweise Komplettsanierungen künftig über die staatliche Förderbank KfW laufen und schon ab Donnerstag mit den neuen Fördersätzen ausgestattet sind, können Einzelmaßnahmen wie der Tausch von Fenster, Türen oder Heizungen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beantragt werden. Dort greifen die neuen Bedingungen erst ab dem 15. August. Anträge, die vorher eingehen, können noch zu den alten Konditionen gestellt werden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.