Ein krankes Herz lässt die Niere leiden, eine geschwächte Niere schadet dem Herzen. Dr. Ulrich Paul Hinkel, Chefarzt der Klinik für Nephrologie (Nierenheilkunde) und Prof. Harald Lapp, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin am Herzzentrum der Zentralklinik Bad Berka über die Arbeit auf einer gemeinsamen Station, Prävention und Therapien.

Woran erkennt man ein krankes Herz, eine kranke Niere?

Prof. Harald Lapp: Auf Symptome gehe ich jetzt ausdrücklich nicht ein. Das Wichtigste ist, die richtigen Fragen zu stellen, um damit eine Vortestwahrscheinlichkeit zu haben. Folgende Faktoren sind da entscheidend: Alter, Geschlecht, Blutdruck, Rauchen, Diabetes, Cholesterin. Daraus ergibt sich ein Score. Dann würde ich Symptome auch anders werten. Wenn zu mir beispielsweise eine 40-jährige Frau käme, die nie geraucht hat und keinen Bluthochdruck hat, könnte ich mich entspannt zurücklegen. Habe ich andererseits einen 70-jährigen Raucher mit Diabetes und hohen Cholesterinwerten, dann ist die gleiche Symptomatik ein Warnsignal. Für diese Vortestwahrscheinlichkeit gibt es gute Datenlagen und da sind wir Kardiologen gut aufgestellt.

Gibt es auch Frühwarnsysteme in der Nierenheilkunde?

Dr. Ulrich Paul Hinkel: Natürlich. Gerade z. B. bei den jüngeren Patienten, bei denen Protein im Urin nachgewiesen wurde, schauen wir sehr genau hin. Es spielt eine große Rolle, ob die Niere proteindicht ist. Doch viele wissen das gar nicht. Früher war das zum Beispiel bei den jungen Männern ganz einfach: Da wurden bei der Musterung Tests gemacht. Heute gibt es das nicht mehr, daher empfehle ich, gelegentlich Urinteststreifen zu nutzen. Dabei kann man nicht nur testen, ob Eiweiß im Urin ist, man kann auch den Glucosewert zum Ausschluss einer frühen Diabetesform bestimmen.

Prof. Harald Lapp ist Chefarzt der Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin am Herzzentrum der Zentralklinik Bad Berka.
Prof. Harald Lapp ist Chefarzt der Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin am Herzzentrum der Zentralklinik Bad Berka. © Zentralklinik Bad Berka

Wie alt sind die Patienten?

Prof. Harald Lapp: Älter sind die Patienten, die in unsere Behandlung bekommen. Doch wir alle sind aufgrund des Alterungsprozesses Veränderungen ausgesetzt. Wenn wir auf die Welt kommen, hat die Niere ein enormes Leistungsvermögen, das ändert sich jedoch kontinuierlich als natürlicher Alterungsprozess.

Dr. Ulrich Paul Hinkel: Das Altern der Niere beginnt mit Ende 30 und die Niere baut pro Jahr ein bis zwei Prozent ab. Dieser Prozess kann verlangsamt werden, auch mit neuen Medikamenten. Insofern ist Alter relativ. Wir haben immer neue medikamentöse Therapiemöglichkeiten und damit steigen auch die Chancen.

Prof. Harald Lapp: Wir reden ja nicht nur über das kalendarische Alter. Es macht einen großen Unterschied, ob jemand beispielsweise mit 60 einen Typ 2 Diabetes, einen Bluthochdruck hat und raucht oder eben nicht.

Was kann man falsch machen?

Prof. Harald Lapp: Ich würde eher fragen: Was kann man Positives machen? Es gelten eigentlich für alle Bereiche dieselben Regeln: ein ausgewogenes Leben. Dazu gehören eine abwechslungsreiche, gesunde Ernährung, in Bewegung bleiben – damit ist nicht intensiver Leistungssport gemeint – und man sollte Risiken wie Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum unbedingt vermeiden.

Dr. Ulrich Paul Hinkel: Ja, alles mit Bedacht, das bedeutet: nicht übertreiben. Ich habe zum Beispiel große Zweifel, ob ein Marathonlauf auf die Zugspitze der Gesundheit förderlich ist. Es gibt junge Patienten., die mit einer schweren Arteriosklerose zu uns kommen. Dazu gehörte beispielsweise auch ein sportlicher Patient, ein Gewichtheber. Es wurde allerdings festgestellt, dass er beim Sport einen massiv hohen Blutdruck entwickelt hat. Natürlich ist auch Salzkonsum eine Sache, die Betrachtung findet. Wir nehmen viel mehr Salz zu uns als unsere Vorfahren. Ganz schlimm wird es, wenn sich daraus fast eine Sucht entwickelt, also Menschen, die beispielsweise Maggipäckchen essen.

Prof. Harald Lapp: Zur Gesundheit gehört Wohlbefinden. Natürlich sind in geringen Mengen viele Dinge nicht schädlich, wenn sie jedoch übermäßig konsumiert werden, wie beispielsweise Alkohol, kochsalzhaltige Gewürze und andere, ist Vorsicht geboten.

Dr. Ulrich Paul Hinkel, Chefarzt der Klinik für Nephrologie (Nierenheilkunde) der Zentralklinik Bad Berka.
Dr. Ulrich Paul Hinkel, Chefarzt der Klinik für Nephrologie (Nierenheilkunde) der Zentralklinik Bad Berka. © Zentralklinik Bad Berka

Gibt es Risiken, die man meiden sollte?

Dr. Ulrich Paul Hinkel: Das A und O: nicht rauchen. Das kann jeder beeinflussen. Extremsportarten sind auch mit Vorsicht zu genießen. Medikamente können auch eine ungute Rolle spielen. Letztlich ist es immer gut, alles in Maßen zu genießen. Es spricht nichts gegen ein Glas Rotwein. Auch bei der Ernährung sollte man variabel denken: Nicht immer das Gleiche essen. Vorsichtig sollte man auch mit Nahrungsergänzungsmitteln, und generell natürlich Drogen sein. Es gibt Fälle von Jugendluchen, die Trompetentee getrunken haben und dann massive Probleme bekamen oder es gibt auch Menschen, die nach einer Pilzmahlzeit nun lebenslang dialysepflichtig sind.

Prof. Harald Lapp: Heute trinken sehr viele Menschen gesüßte Getränke, das ist etwas, was man deutlich reduzieren sollte. Zum Thema Alkohol: Es ist klar, es gibt keine Dosis, die gesundheitsfördernd ist, es gibt aber eine Dosis, die nicht schädlich ist. Die beträgt bei Männern 0,2 Liter Bier pro Tag, bei Frauen ist die Dosis geringer. Und in Bezug auf sportliche Aktivitäten gibt es eine aktuelle skandinavische Studie, die zeigt, dass intensiver Sport gegenüber moderatem Sport keinen Vorteil, wahrscheinlich sogar Risiken in Bezug auf die Arteriosklerose hat. Wir sollten bei unseren Patienten wahrscheinlich nicht von Sport sprechen, sondern von Fitness. Jede Form von moderater körperlicher Anstrengung ist gesundheitsfördernd, nicht nur aus Sicht des Herzmediziners, sondern auch aus Sicht vieler anderer Disziplinen.

Herzlichen Dank für diesen Einblick!

Interview: Anke Geyer

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Freche Fragen an Chefärzte – jetzt auch als Podcast. © Zentralklinik Bad Berka