Der Jenaer Geophysiker Steffen Graupner bloggt von der einzigartigen Mosaic-Expedition, der bisher größten Forschungsreise in die Arktis.

  • 22. Dezember 2019
  • 86° 40’N, Driftend nach S und W
  • 370 km bis zum Pol
  • 20 Uhr Bordzeit (18 Uhr Jena)

Die letzten Tage sind wir eher ein bißchen nach Süden gedriftet, falsche Richtung also...

Adventliche Grüße an alle daheim zum vierten Adventssonntag

Gestern war Wintersonnenwende und das haben wir auf der Polarstern gefeiert mit einer Party auf dem Eis mit Glühwein und Lagerfeuer und kleinem Tannenbäumchen.

Ab jetzt werden die Tage also wieder länger. Nicht das uns das in absoluter Dunkelheit irgendwas bringen würde. Aber irgendwie ist es doch trotzdem ein wenig tröstlich, dass die Mitte der Nacht geschafft ist und es ab Mitte Februar das erste Licht der nautischen Dämmerung (= Sonne bis 6 Grad unterm Horizont) geben wird.

Ab Mitte März grüßt uns dann die Sonne

Wobei das für unsere jetzige Position gilt. Driften wir wie geplant weiter nach Norden, dann erreichen uns Dämmerung und Sonne entsprechend später.

Neben dem Sozializen haben wir bei der Party zur Wintersonnenwende auch Fußball gespielt, drei gegen drei.

Fußballteam (hinten links: Tercio, Michael, Dean, vorn links: Lutz, Steffen, Victor).
Fußballteam (hinten links: Tercio, Michael, Dean, vorn links: Lutz, Steffen, Victor). © Steffen GraupneR

Ich zusammen im Team mit unserem zweiten Offizier Lutz, Hansa-Fan aus Rostock. Er ist allerdings in Jena geboren und deswegen auch dem FCCZ verbunden. Lutz hatte zufällig das Schwarze Trikot vom FC Carl Zeiss dabei mit der Rockband „Heaven Shall Burn“ als temporärem Hauptsponsor auf der Brust.

Die Rocker hatten vor ein paar Jahren dem FCCZ mal wieder aus der finanziellen Patsche geholfen... Dieses Trikot durfte ich tragen. Lutz trug sein Hansa Shirt.

Unser Team spielte gegen die Portugiesen und Spanier bei minus 20 °C auf dem Eis. Extrem anstrengende und rutschige Angelegenheit, zudem weiß man nie was man anziehen soll - beim Sprint übers Eis in der Daunenjacke bin ich sofort nassgeschwitzt. Ziehe ich die Jacke aus, friert das Heaven Shall Burn T-Shirt am Leibe fest.

Brennendes Eis im Himmel... und in der Lunge sowieso

Dazu konditionelle Defizite. Ballkontrolle gleich Null, der Ball überzieht sich sofort mit einer Reifschicht und rutscht unberechenbar übern Spann. Zum Glück auch unberechenbar für den portugiesischen Torwart....

Ich hab drei Tore geschossen. Trotzdem 5:6 verloren gegen die Iberische Halbinsel. Blöder Ronaldo. Danach Verbrüderung mit dem Hansa Fan. Fotosession. Das müssten wir doch eigentlich in Jena und Rostock in die Zeitung bringen und auf die Homepage von Hansa und FC Carl Zeiss! Fan-Freundschaft der Erzfeinde 360 km vor dem Nordpol!

Da werde ich der OTZ und dem FCCZ 1-2 Bilder schicken!

Vorweihnachtszeit in der Arktis

Heute hat das ganze Schiff den Vormittag frei zur weihnachtlichen Besinnung. Außer unser Logistik Team.

Unsere 8 Schneemobile im Central Observatory geparkt.
Unsere 8 Schneemobile im Central Observatory geparkt. © Steffen GraupneR

Wir nutzen die wenigen Stunden, in denen wir nicht 100 Prozent für die anderen im Service eingespannt sind, für eine SAR Übung (Search And Rescue) auf dem Eis. Ein Wissenschaftler spielt das „Opfer“, das in dem Fall in Met-City ins Eis eingebrochen ist, und wir aktivieren die Rettungskette und die Bergung des Verletzten mit Rettungsschlitten.

Koordiniert wird das Ganze von Markus, unserem Bergführer vom Chiemsee, und entsprechend hat die Übung bissel was von „Bergretter und Bergdoktor“.

Im Unterschied zum TV bewegen wir uns allerdings in der dreidimensionalen Realität von eingeschalteter Schwerkraft und die Übung ist notwendig, um für den Ernstfall gewappnet zu sein.

Schönen 4. Advent Euch allen!