Jena. Axel Hacke präsentiert in Jena sein Buch „Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen“.

Der Journalist und Schriftsteller Axel Hacke liest am morgigen Donnerstag (11. April) , 20 Uhr, im Jenaer Volksbad. Was genau, lässt sich aber vorab nicht sagen. Seine Lesungen sind wie eine Wundertüte, immer etwas anders, immer spontan. Fakt ist zumindest, dass er sein aktuelles Buch mitbringt: „Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen“.

Ihr Prinzip bei einer Lesung ist, spontan zu entscheiden, aus welchem Buch Sie lesen. Wovon hängt das denn ab: Stimmung, Publikum, Tagesaktualität?

Von allem ein bisschen. Für mich ist es wichtig, dass ich mich selbst nicht langweile. Also mache ich nicht das, was ich am Abend zuvor gemacht habe, zum Beispiel. Oder ich lese etwas, das ich noch nie gelesen habe oder schon lange nicht mehr. Es muss ein bisschen spontan sein, das mag ja auch das Publikum. Manches wiederholt sich natürlich trotzdem.

Sie bringen auch Ihr aktuelles Buch mit und stellen darin die Frage, wie wir miteinander leben in unseren aufgewühlten Zeiten. Haben Sie auch eine Lösung?

Mir geht es beim Anstand weniger um so etwas wie Benimm oder Manieren, eher um eine ganz grundsätzliche Haltung. Worauf basiert die? Da würde ich ein paar Stichworte nennen wie Wohlwollen, Neugier, Interesse an anderen Menschen, Respekt vor ihnen, Freundlichkeit, Aufrichtigkeit, Fähigkeit zur Selbstkritik. Auch Fairness, also das Wissen, dass es etwas Wichtigeres gibt als Sieg, Erfolg, Triumph. Vor allem noch das Empfinden einer ganz grundsätzlichen Solidarität mit anderen: dass wir alle letztlich ein Schicksal teilen. Ist das eine Lösung? Jedenfalls glaube ich, dass wir damit schon recht weit kämen in Zeiten einer unübersehbaren Verrohung der Gesellschaft.

Ihre Bücher stecken voller Witz, Parodie, Ironie und politischem Ernst. Sie müssen ein guter Menschenkenner und Beobachter sein?

Ich habe den Beruf des Zeitungsreporters gelernt, weil ich mich für Menschen interessiere. Und davon ist mir auch als Kolumnist und Schriftsteller etwas geblieben, ich beobachte Menschen lieber als sie zu belehren, ich beobachte sogar mich selbst.

Wie recherchieren Sie?

Das kommt natürlich auf das Thema an. Für eine Kolumne muss man viel lesen und auch einfach im Leben schon gelesen haben, Bücher, Zeitungen, Texte im Internet. Für Reportagen, wie sie zum Beispiel in meinem Buch „Deutschlandalbum“ stehen, auch aus Thüringen übrigens, muss man raus, mit den Leuten reden, das geht nicht am Schreibtisch. Wird leider heute oft vergessen.

Was sagen Sie zur Thüringer Mentalität?

Ich habe hier immer freundliche, aufgeschlossene Menschen kennengelernt. Das ist mir wichtiger als eine allgemeine Mentalität. Ich kam 1990 als Reporter zum ersten Mal nach Jena, es war meine erste Reise in die DDR. Damals gab es kein Hotel hier, jedenfalls keines, in dem ich hätte schlafen können. Das einzige, das es gegeben hätte, war geschlossen. Zum Glück hatte ich einen Schlafsack dabei, habe einfach Leute auf der Straße angequatscht und dann bei denen übernachtet. Das werde ich nie vergessen, so was war ja in München undenkbar. So habe ich tolle Menschen kennengelernt. Einer, der Pfarrer in Dorndorf, ist mir bis heute als Freund geblieben.