Rudolstadt. Jens Henkel beendet seine Verlagstätigkeit. Nach 30 Jahren erscheint der letzte Almanach bei der „burgart-presse“ Rudolstadt.

Die Zeit der Traurigkeit sei vorüber, sagt der Verleger Jens Henkel. Jetzt blicke er voller Demut und Dankbarkeit auf die 30 Jahre, in denen sein Rudolstädter Verlag, die „burgart-presse“, bestanden hat, auf sein Umfeld, das ihn diese Nebentätigkeit ermöglichte, auf seine treuen Sammler und Kunden, die seine Bücher schätzten und kauften. Mit dem Verlagsalmanach „Alles für die Katz“, der vergangene Woche erschien, stellt der 67-Jährige nun auch seine Verlagstätigkeit ein. Diese Entscheidung habe er schon 2017 getroffen, sich 2018 auf der Leipziger Buchmesse offiziell verabschiedet.

Der letzte Almanach ist nunmehr ein distanzierter Blick auf die drei Jahrzehnte, ein Gesamtverzeichnis seiner 150 Editionen. Er enthält auf 254 Seiten eine reich bebilderte Verlagsbibliografie, ein Literatur- und Ausstellungsverzeichnis sowie ein Personenregister, das auf über 230 beteiligte Autoren und Künstler seit Verlagsgründung 1990 verweist.

Jens Henkel war damals selbst Sammler von Künstlerbüchern in der DDR. Er steckte in der Szene, genoss das Vertrauen von Schriftstellern und Künstlern und nutzte seine Fähigkeiten, die Menschen für sein Gesamtkunstwerk zu vernetzen – und das anfangs ganz ohne die neuen Medien. Das Büchermachen sei stets ein Gewinn an Freude und Wissen gewesen, erzählt er heute. Dank seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Historiker im Museumswesen sei er nicht zwingend auf den schnellen Verkauf angewiesen gewesen. Er konnte sich Zeit lassen, hat sich bewusst seine Partner ausgewählt: die traditionsreiche Druckerei in Kranichfeld, den Graphikdrucker Winfried Henkel aus Viernau, den Buchbinder Ludwig Vater aus Jena. Zwei Jahre habe man im Schnitt an einem Buch gearbeitet, erzählt Henkel, fast ausschließlich literarische Erstveröffentlichungen zeitgenössischer Autoren herausgebracht, ergänzt durch Originalgrafiken wichtiger Künstler, als hochwertige Pressdrucke auf handverlesenem Papier.

Die kleinen Auflagen in höchster Qualität hatten freilich ihren Preis, aber auch ihren treuen Stamm an Sammlern in ganz Deutschland. Er hat große Namen in seinen Büchern versammelt wie Christa Wolf, Hans Magnus Enzensberger, Walter Jens, Wulf Kirsten oder Friederike Mayröcker und mit seinen Publikationen eine winzige Nische auf dem Buchmarkt bedient. Von Anfang an sei er auf den Buchmessen präsent gewesen, auf Lesungen und in den Medien. Auch das habe dazu beigetragen, dass sein Verlag so lange überlebt hat und der einzige Thüringer Verlag für originalgrafische Künstlerbücher geblieben ist.

Dafür braucht es einen langen Atem und starke Partner. Mancher Vorzugsausgabe waren sogar kleine Skulpturen, wie etwa jener Bronzeguss von Volkmar Kühn zum 15-jährigen Bestehen der „burgart-presse“, beigegeben. Und Henkels Pop-up-Bücher aus den beiden Reihen „Die zehn Gebote“ und „Die sieben Todsünden“ waren schon vor Erscheinen vergriffen. Doch der Kreis der treuen Sammler sei immer älter und kleiner geworden, das Budget der Museen und Bibliotheken für derartige Ankäufe immer geringer. Also habe er sich für einen geplanten Ausstieg entschieden, mit seinem Eintritt ins Rentenalter vor zwei Jahren. „Die finanzielle Vorleistung für derartige Pressdrucke ist fünfstellig.“ Ein Risiko, dass Henkel als Rentner nicht mehr eingehen wollte. Dennoch, der Historiker und Buchfreund in ihm wird nicht ruhen. Schon im Kopf hat er gut 15 regionalgeschichtliche Themen aus Rudolstadt, die er auch nach „burgart-presse“ noch angehen will.