Zeitz. Warum der Schauspieler Michael Mendl ein nach ihm benanntes Festival im sachsen-anhaltischen Zeitz veranstaltet.

Filmschauspieler Michael Mendl veranstaltet noch bis 28. September in Zeitz, der sachsen-anhaltischen Nachbarstadt von Gera, die nach ihm benannten Mendl-Festspiele. Selbst einen eigenen Festivalwein mit seinem Konterfei auf dem Etikett wurde von regionalen Weingütern kreiert. Wir sprachen mit dem in Berlin lebenden Künstler.

Herr Mendl, warum haben Sie in Zeitz ein Kulturfestival initiiert?

Mein Impresario Beat Toniolo, den ich vor Jahren auf der Wartburg kennen gelernt habe und mit dem ich inzwischen künstlerisch befreundet bin, zog eines Tages von Leipzig nach Zeitz, was mich verwunderte. Er erklärte mir: Leipzig sei zu voll und zu teuer, deshalb gingen viele Künstler nach Zeitz. Und da hab ich vorgeschlagen, sich dort unters Völkchen zu mischen und etwas auf die Beine zu stellen – zumal in Zeitz ja etwas die Melancholie herrscht, die natürlich auch berechtigt ist, weil es eine abgehängte Region ist, wie man heute neudeutsch sagt.

Der Festivalname „Mendl-Festspiele“ ist ein schönes Wortspiel...

Ich hatte zunächst mit „Zeitzreise“ geliebäugelt. Aber in meiner Abwesenheit hatte einer von Beat Toniolos Mitstreitern die Idee: „Es gibt doch die Händel-Festspiele, machen wir doch die Mendl-Festspiele!“ Ich war erstmal entsetzt, weil es für mich etwas größenwahnsinnig klang, was ich jedoch nicht bin. Aber letztendlich hat der Name gut funktioniert und wurde sehr gut aufgenommen.

Das Programm versammelt vor allem literarisch-musikalische Abende, etwa zu Robert Walser, Goethe, Rilke, Brecht, in denen Sie auch stets selbst mitwirken. Sind das einmalige Events oder fertige Programme, mit denen Sie touren?

Die Festspiele vereinen Neues und bereits Gezeigtes – wobei ich nicht der Reisende in Sachen Lesungen und Literatur bin. Das mache ich relativ selten. Und so etwas wie die Festspiele in Zeitz habe ich noch nie in meinem Leben gemacht. Da haben sich allerdings auch eine Menge andere Leute viel Mühe gegeben, das Ganze so groß, lebendig und unterhaltsam zu gestalten.

Am letzten Festival-Wochenende bestreiten Sie noch einmal zwei Veranstaltungen, unter anderem einen Abend zu Horacio Quiroga und seiner Erzählung „Anaconda“. Wie sind Sie ausgerechnet auf den uruguayischen Schriftsteller gekommen?

Den kenne ich schon lange, weil ich ein wunderbares Buch von ihm habe. Als ich den Titel „Geschichten von Liebe, Wahnsinn und Tod“ in der Buchhandlung entdeckte, war ich sofort neugierig. „Anaconda“ ist für mich eine Lieblingsgeschichte, weil es darin um den Aufstand der Schlangen im Urwald geht, die sich gegen die Gesellschaft auflehnen. Es ist quasi ein Gleichnis auf die menschliche Gesellschaft. Die Schlangen werden da beschrieben wie menschliche Charaktere. Ich frage gern im Untertitel: Sind Schlangen Menschen oder Menschen Schlangen?

Wie nehmen die Zeitzer Ihre Festspiele an?

Bisher waren alle Termine knackevoll. Die Leute sind sehr bewegt, sehr dankbar bis hin zu Zuschauerinnen, die geweint haben. Viele haben gleich gefragt, ob ich denn nächstes Jahr wiederkomme?

Wird es eine Fortsetzung geben?

Fortsetzung nicht, aber ich komme wieder. Womit, steht noch nicht ganz fest. Ich würde gern einen Hölderlin-Abend mit Rüdiger Safranski machen, der demnächst eine Hölderlin-Biografie herausbringt. Aber das ist noch nicht in trockenen Tüchern.

Sagen Sie, wie sind Sie eigentlich zur Schauspielerei gekommen?

Ich war im zarten Alter von 14 Jahren in Mannheim am Nationaltheater Statist. Ich war insgesamt sechs Jahre dort und habe alles gemacht, was man am Theater überhaupt machen kann, bin dann in der Schule auch mal hocken geblieben, weil ich mich zu wenig um mein Abitur gekümmert habe. Ich habe es aber natürlich trotzdem gemacht. Jedenfalls habe ich da Theaterluft so inhaliert, dass ich unbedingt dabeibleiben musste.

Wenn Sie auf Ihr Schaffen zurückblicken, welcher Film ist Ihnen der wichtigste?

Ich betrachte den TV-Zweiteiler „Im Schatten der Macht“ als einen wichtigen Höhepunkt. Die Produktion war mir ein großes Anliegen, weil ich mit Willy Brandt eine Art Seelenverwandtschaft verbinde. Für die Arbeit hab ich mir sogar posthum ein Horoskop von Brandt anfertigen lassen, um danach zu arbeiten. Es war das Projekt, wo ich mich am meisten reingekniet habe. Ich habe den Film ganz bewusst noch einmal in Zeitz gezeigt. Heute sind Ost und West noch immer in unseren Köpfen. Aber der Film zeigt sehr schön, wie verfeindet die Systeme einst waren.

Programm

Freitag, 27. September:

„Anaconda“; Michael Mendl liest aus Horacio Quirogas gleichnamiger Erzählung. Begleitet wird er von Leonie Sowa (Harfe) und Soubhi Shami (orientalische Trommeln); Capitol Zeitz, 19.30 Uhr

Samstag, 28. September:

„Urworte“: Michael Mendl und Nina Reddig (Violine) gehen mit Gedichten von Goethe und Rilke dem Sinn von Sein und Werden auf den Grund; Neues Theater Zeitz, 20 Uhr

Tickets unter: