Berlin. Bringt die Offensive der Ukraine die Wende im Krieg? Ein ausgewiesener Fachmann äußerte sich bei “Anne Will“ am Sonntag skeptisch.

Wann holt die Ukraine zu einer weiteren Gegenoffensive aus? Dass die Vorbereitungen gerade laufen, ist laut der Friedens- und Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff klar. "Die Offensive wird ganz sicher kommen", sagt sie. "Aber die russische Seite hatte auch Zeit, sich vorzubereiten und in Verteidigung zu gehen."

Bei "Anne Will" wurde an diesem Sonntag diskutiert, warum nicht nur der Zeitpunkt eine zentrale Rolle spielt. Denn, so Andrij Melnyk, der Vize-Außenminister der Ukraine, man stehe auch unter enormen "Erfolgsdruck". Viele Staaten, die die Ukraine unterstützen würden, wollten sehen, ob ihre Unterstützung zu nennenswerten Erfolgen führt. Melnyk sprach von einem "langen Prozess" und einer "Herkulesaufgabe".

"Anne Will" – Das waren die Gäste:

  • Saskia Esken (SPD-Politikerin und Vorsitzende der Sozialdemokraten)
  • Norbert Röttgen (CDU-Politiker)
  • Wolfgang Ischinger (Botschafter a.D.)
  • Andrij Melnyk (Vize-Außenminister der Ukraine)
  • Nicole Deitelhoff (Politikwissenschaftlerin)

Krieg in der Ukraine "noch lange nicht vorbei"

Wolfgang Ischinger ist der Präsident des Stiftungsrates der Münchner Sicherheitskonferenz und glaubt, dass gemeinhin falsche Vorstellungen mit dem Begriff Offensive einhergehen. Einen baldigen "Durchbruch" hält auch er für unwahrscheinlich. "Das ist noch lange nicht vorbei", so Ischinger. Deshalb brauche die Ukraine "langfristige Unterstützung".

Der CDU-Politiker Norbert Röttgen betonte, dass es nun darum gehe, die "Dynamik des militärischen Geschehens zu drehen". "Es wird aber keine Beendigung des Krieges durch einen militärischen Sieg sein", sagte er.

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Esken bei "Anne Will" über Ukraine: "lang anhaltende Auseinandersetzung"

Bei so einer "lang anhaltenden Auseinandersetzung" spiele der Nachschub eine besondere Rolle, so die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken. Nur so sei der Durchbruch möglich. Röttgen hingegen erkläre, es werde zu wenig getan. "Es geht um die Zukunft Europas in den nächsten Jahrzehnten. Darum kann ich die Lethargie nicht verstehen", sagte er.

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Auch Wolfgang Ischinger betonte, dass Europa nicht zum "business as usual" zurückkehren könne. "Wir brauchen staatliche Vorgaben, um den Bedarf langfristig decken zu können", sagte er.

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"Anne Will": Weitere Unterstützung hängt von Erfolg der Gegenoffensive ab

Moderatorin Anne Will wollte von ihren Gästen außerdem wissen, ob die Erwartungen an die Ukraine bezüglich eines Erfolgs einer Gegenoffensive übertrieben seien. Die Friedens- und Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff, war sich sicher, dass eine Offensive, die versandet, letztlich zu weniger Rückhalt für Unterstützungsmaßnahmen in der Bevölkerung führe würde.

Und auch Norbert Röttgen meinte: "Ein Erfolg oder ein Misserfolg wird politische Konsequenzen haben." Deitelhoff war sich sicher, dass ein Misserfolg den Druck auf die Ukraine erhöhen würde und eine Lösung "Frieden für Land" wahrscheinlicher machen könnte.

Zur Ausgabe von "Anne Will" in der ARD-Mediathek

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