Berlin. Harald Lesch und Liyang Zhao diskutierten in „Leschs Kosmos“ über die Rente mit 85, die Zukunft der Pflege und des Wohnens.

Es ist kein Geheimnis: Die Bevölkerung in Deutschland wird immer älter. Forderungen nach einem höhreren Rentenalter werden laut, mancher mag auch von Befürchtung sprechen: Wir müssen länger arbeiten, später in Rente gehen. Doch wohin führt das? Werden wir irgendwann erst im Alter von 85 Jahren mit dem Arbeiten aufhören? Um diese Fragen ging es am Dienstag in einer neuen Folge des ZDF-Wissenschaftsmagazins „Leschs Kosmos“. Unter der Überschrift: „Rente mit 85 – wie schaffen wir den demografischen Wandel?“ suchte Physiker und ZDF-Moderator Harald Lesch mit seiner jüngeren Kollegin Liyang Zhao nach Antworten für die Fragen einer alternden Gesellschaft.

„Auf die jüngere Generation rollt ein echtes Problem zu“, erklärte Lesch zunächst. Denn während die Geburtenrate sinke, würden der medizinische Fortschritt, die Hygiene, Antibiotika und die immer bessere Technik für die Früherkennung von Krankheiten dafür sorgen, dass die Menschen älter werden als früher. Viele Alte müssten somit von wenig Jungen gestützt werden. Für die heute 20- bis 30-Jährigen stelle sich somit die Frage, wer die vielen Babyboomer, die nun in den Ruhestand gehen, pflegen soll – und vor allem für ihre Rente aufkommt.

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Experte erklärt: „Wir werden nach und nach die Systeme immer autonomer machen“

Die Antwort darauf könnte möglicherweise „Garmi“ lauten, wie Zhao daraufhin an der Technischen Universität München herausfand. Denn Garmi ist ein Roboter, der in Zukunft alltägliche Aufgaben in der Pflege übernehmen soll, wie zum Beispiel den Geschirrspüler einräumen und einkaufen. Doch damit nicht genug: In einem Experiment testete Zhao aus, dass Garmi sogar von einem Arzt gesteuert und auf Anweisung Untersuchungen durchführen kann.

In Zukunft werde das keine Ausnahme mehr sein, wie der behandelnde Arzt Dirk Wilhelm erklärte: „Wir werden nach und nach die Systeme immer autonomer machen“. Den Menschen würden Roboter vermutlich nicht ersetzen, sondern lediglich „unterstützen“, so Wilhelm. Er erwarte „ein Miteinander, mit einer Aufteilung von Prozessen und Tätigkeiten“.

Damit die Roboter in Zukunft auch komplexere Tätigkeiten ausüben können, benötige es es vor allem eines: Künstliche Intelligenz (KI). Mit Ihrer Hilfe sollen Roboter in einer KI-Fabrik lernen, selbstständig Probleme zu lösen. In Zukunft könnten laut des Projektleiters der KI-Fabrik, Achim Lilienthal, dadurch idealerweise Aufgaben „bis zu einer gewissen Komplexität und Kreativität“ von Robotern ausgeführt werden. Darüber seien dann die Jobs des Menschen. Dass es dadurch insgesamt zu wenig Jobs für den Menschen gibt, müsse nicht zwangsläufig so sein: „Es könnte durchaus sein, dass in dieser oberen Hälfte noch genügend Jobs übrig bleiben“, sagte Lilienthal.

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Mangelnder Wohnraum und unpassende Wohnungen: Diese Lösungen gibt es

Es gebe außerdem „individuelle, subjektive, existenzielle Fragestellungen“, bei denen wir alle unseresgleichen brauchen würden, wie Lesch ergänzte. „Dann brauchen wir richtige Menschen mit richtigen Emotionen, mit richtigen Intuitionen, mit richtigen Lebenserfahrungen“, so der Astrophysiker. Das alles könne man nicht programmieren. „Menschen brauchen eben Menschen“, stimmte ihm auch Zhao zu.

Eine Frage dürften auch Roboter nicht beantworten: Wie soll für die Menschen eigentlich genügend und vor allem passender Wohnraum geschaffen werden? Dieser Frage ging Zhao als Nächstes auf den Grund und besuchte dafür ein Haus des Architekten Sven Disser. Das ist so konzipiert, dass sich die Möbel auf Schienen hin- und herschieben lassen, wodurch die 38 Quadratmeter großen Wohnungen in fünf verschiedene Räume umgewandelt werden können. „Theoretisch passt sich die Wohnung somit den Bedürfnissen an“, stellte Zhao fest. Die Wohnung sei dank ihrer Barrierefreiheit damit auch für ältere Menschen praktisch.

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Rente mit 85: Wieso das mehr Segen als Fluch sein könnte

Gerade im Alter würden viele Menschen jedoch nicht unbedingt umziehen wollen, wie Lesch erklärte. Ein österreichisches Architektenteam habe daher die Vision, dass die Wohnung doch einfach mit umziehen könne. Die sogenannte „mobile Wohnung“ bestehe daher aus einzelnen Modulen, also riesigen Bauklötzen, die sich an dem gewünschten Ort zu einem Haus zusammensetzen lassen. Das Konzept sei, so Lesch, zwar „eine spannende Möglichkeit“, aber es müsse noch mehr getan werden: „Alt und jung müssen zusammenkommen und sich nicht alleine lassen.“

Alt würden wir schließlich alle werden und dank der Forschung in Zukunft vermutlich sogar noch älter als bisher. Laut Lesch könne das trotz der krisenhaften Umstände aber sogar „mehr Segen als Fluch“ sein. Das begründet er mit den immer fortschrittlicheren medizinischen Möglichkeiten: „Wer länger gesund bleibt, kann auch länger arbeiten und gesund die Rente genießen“, erläuterte er. Für seine Kollegin Zhao könnte ein Renteneintritt von 85 Jahren daher bedeuten, dass sie immer noch 35 Jahre habe, um ihre Rente zu genießen, stellte der Astrophysiker fest.

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