Mainz. Im TV-Talk geht es um die unabwendbare atomare Aufrüstung des Mullah-Regimes, die Zuspitzung in Nahost – und um deutsche Naivität.

Der beispiellose Luft-Angriff des Iran auf Israel hat deutlich gemacht, wozu das Mullah-Regime in Teheran bereit ist. Im TV-Talk von Markus Lanz ging es am Dienstag um die Abwägung der Risiken und die dramatischen Folgen, die die Zuspitzung des Konfliktes für die Region, ja für den Weltfrieden mit sich bringen könnte. Michael Bewerunge, ZDF-Korrespondent in Israel, betont zum Beispiel, der Iran habe in den vergangenen Jahren ganz genauso agiert wie Russland, um seine Machtansprüche umzusetzen. Die Mullahs setzten sehr erfolgreich auf Desinformation, Terror und asymmetrische Kriege, wie in etwa im Jemen oder wie im Libanon.

Das Vorgehen gewinnt weitere Brisanz durch die Tatsache, dass es keine Frage mehr ist, ob der Iran über Atomwaffen verfügen wird, sondern nur eine Frage, wann das sein wird, wie der Islamwissenschaftler und Kenner des Landes, Guido Steinberg, betont. Militärexperte Carlo Masala pflichtet dem bei: „Man kann das nur noch verzögern, verhindern wird man es nicht mehr“. Zudem habe der Iran ballistische Raketen mit enormer Reichweite, die man mit atomaren Gefechtsköpfen ausrüsten könne. Masala und Steinberg gehen davon aus, dass dies in spätestens in etwa zwei Jahren der Fall sein wird.

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Iran-Angriff: Israel hat eine Koalition von Helfern

Die Aussichten sind also extrem düster. Israel führe daher seit fast zwanzig Jahren schon einen mehr oder weniger heimlichen Krieg – der mittlerweile von andern Staaten der Region unterstützt wird. Die jüngste Luftattacke mit über 300 Raketen und Drohnen wurde von Israel gemeinsam mit Amerikanern, Franzosen, Jordaniern, mit der Hilfe Saudi-Arabiens und Ägyptens abgewehrt. Steinberg: Sie alle eint der gemeinsame Gegner, der Iran, der in der Region als Feind verstanden wird. Dabei spielt auch der alte religiöse Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten weiterhin eine Rolle. Israel steht als nicht allein.

Das Mullah-Regime knüppelt die Opposition blutig nieder

Und wie die iranische Menschenrechtsaktivistin Daniela Sepehri betont, verliert das Mullah-Regime auch im eigenen Land an Unterstützung: „Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt einen Krieg gegen Israel ab“, so die junge Frau, die berichtet, dass im Schatten des jüngsten Konfliktes massiv gegen die iranische Opposition vorgegangen werde. Die Proteste gegen das Regime werden blutig niedergeschlagen. Das Regime sitzt trotz allem weiter fest im Sattel. Um so wichtiger sei, dass die Bundesregierung aufhöre, die Machthaber in Teheran zu hofieren: Es sei ein Terrorregime.

In diese Kerbe schlägt auch Moderator Markus Lanz, der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert mit Zitaten von Politikern seiner Partei konfrontiert, die entweder vor allem Israel die Schuld an der Eskalation zuweisen oder auf einen Ausgleich mit den Mullahs drängen. Unter anderem führt Lanz Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an, der 2019 dem Regime im Teheran zum Jubiläum der Islamischen Revolution gratuliert habe, auch im Namen aller Deutschen. Lanz: „Das hat mich empört - das war nicht in meinem Namen!“

Wie Masala und Steinberg erläutern, war der Versuch durchaus richtig, den Iran durch ein Atomabkommen international kontrollieren zu wollen. Gleichzeitig sei allerdings die deutsche Innen- und Außenpolitik von Naivität (Steinberg) geprägt: Weder habe man Irans aggressives Vorgehen in der Region ausreichend wahrgenommen, noch dessen Unterstützung von Organisationen wie Hamas und Hisbollah, die auch in Deutschland jahrzehntelang unbehelligt agieren konnten. Die SPD sei weiterhin in dem Denken gefangen, dass man Wandel durch Annäherung erreichen könne, wie es Willy Brandt in den 70er Jahren mit der UdSSR geschafft hatte. Das funktioniere heute nicht mehr – weder mit Russland noch mit dem Iran.

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