Berlin. Bei “Maischberger“ wurde über den neuen Koalitionsvertrag der Ampel diskutiert. Auch der Umgang mit der vierten Corona-Welle war Thema.

Nach rund einem Monat Verhandlungen haben SPD, Grüne und FDP am Mittwoch ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Der trägt den Titel "Mehr Fortschritt wagen" und den Untertitel "Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit". Schon alleine weil auf Bundesebene noch nie eine Ampel-Koalition regiert hat, sei das ein historisches Ereignis, urteilt der Journalist Ulrich Deppendorf.

Maischberger will wissen, ob die FDP, die sich hinter dem Wort Freiheit im Untertitel versteckt, als Gewinner des Vertrags gesehen werden könne. "Die haben verhandelt wie vor vier Jahren die SPD", sagt die Journalistin Cerstin Gammelin.

So habe die Partei zwar mit den Ressorts Finanzen, Verkehr und Digitales, Bildung und Forschung sowie Justiz vier Schwergewichte bekommen, aber in Details nachgegeben. "Rein äußerlich hat die FDP viel gewonnen. In den Innereien sprechen viele Details zum Beispiel für die Grünen", sagt Gammelin.

"Maischberger" – Das waren die Gäste

  • Lars Klingbeil, SPD
  • Volker Wissing, FDP
  • Ulrike Protzer, Virologin
  • Manfred Wagner, Direktor Klinik Fürth
  • Ulrich Deppendorf, Journalist
  • Cerstin Gammelin, Journalistin
  • Sascha Lobo, Kolumnist

Ist die Ampel ein "Kartoffel-Kabinett"?

"Spiegel"-Kolumnist Sascha Lobo findet, dass im Koalitionsvertrag "viele gute Sachen" drin seien, übt aber Kritik an der bisher bekannten Verteilung der Ministerien. Er zitiert den "Welt"-Journalisten Robin Alexander und spricht von einem "Kartoffel-Kabinett".

"Nur weiße Menschen auf Ministerposten fände ich eine Katastrophe", sagt er. Von der FDP würde man so etwas erwarten, von der SPD wäre man enttäuscht, aber den Grünen würde man das "richtig übel nehmen", so sein Urteil.

"Maischberger": Klingbeil schließt keine Corona-Maßnahme aus

Ein paritätisch, also zu gleichen Teilen mit Männern und mit Frauen besetztes Kabinett sei eine sehr wichtige Zusage für Olaf Scholz gewesen, sagt der designierte Parteivorsitzende der SPD, Lars Klingbeil. Da die FDP am Mittwoch ihre Personalien verkündet habe und die Grünen dies am Donnerstag tun werden, würde die SPD erst danach Ministerien verteilen. "Wir haben 2021, da gehören Frauen zur Hälfte ins Kabinett", so der SPD-Generalsekretär.

Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages kündigte der voraussichtlich künftige Kanzler Olaf Scholz (SPD) zudem die Einrichtung eines ständigen Bund-Länder-Krisenstabs im Kanzleramt an. Dieser soll täglich zusammenkommen und beim Kampf gegen die dramatische Entwicklung in der Corona-Krise helfen.

Auf Maischbergers Frage nach einem möglichen Lockdown als Maßnahme antwortet Klingbeil: "Wenn Maßnahmen nicht greifen wird auch die neue Regierung kein Mittel ausschließen, um die Menschen im Land zu schützen." Deppendorf, Gammelin und Lobo sind sich einig, dass es auch in Deutschland früher oder später einen Lockdown wie im Nachbarland Österreich geben wird.

"Maischberger": Kritik an Pandemie-Politik

Manfred Wagner ist der medizinische Direktor des Klinikums Fürth und schildert die "oft überspannte Lage" in den Krankenhäusern. Die viel befürchtete Triage, also das Verfahren zur Priorisierung medizinischer Hilfeleistung bei unzureichenden Ressourcen, schließt er zwar aus – er rechnet aber damit, sein Personal weiter verteilen zu müssen, um die steigende Zahl an Patienten versorgen zu können.

"Ich nehme alle auf und überlaste damit mein Personal", so Wagner. "Die Verzweiflung ist schon groß. Weil die Politik sich immer wieder Auszeiten von der Pandemie nimmt. Das war im Wahlkampf so und bei den Koalitionsverhandlungen", sagt Wagner.

Auch die Virologin Ulrike Protzer sagt, dass ohne Impfungen die vierte Welle nicht unter Kontrolle zu bekommen sei: "Langfristig sind es die Impfungen, die uns helfen". Wichtig sei es jetzt, die Zeit, bis viele Ungeimpfte geimpft seien, also etwa bis Januar oder Februar zu überbrücken. Denn in dieser Zeit würden die Kliniken vollaufen, so die Virologin. Deshalb hält auch sie einen erneuten Lockdown für eine mögliche Maßnahme.

"Maischberger": Wissing spricht vom "neuen Kanzler Olaf Schmidt"

FDP-Generalsekretär und künftiger Minister für Verkehr und Digitales, Volker Wissing, spricht einmal vom "neuen Kanzler Olaf Schmidt" – doch niemand in der Runde scheint es zu bemerken.

Was außerdem hängen bleibt, ist seine Äußerung, dass der baldige Finanzminister Christian Lindner (FDP) eine Impfpflicht verfassungsrechtlich prüfen lasse. Denn, so Wissings Worte: "Die Koalition wird alles in ihrem Instrumentenkasten befindliche dafür verwenden, um die Pandemie zu bekämpfen."

"Maischberger": So liefen die vergangenen Sendungen: