Berlin. Was bedeutet der Aufstieg Indiens zur neuen Supermacht für Deutschland und die EU? Bei Lanz zeigt sich: Ein Perspektivwechsel muss her.

Die Meldung kam am frühen Mittwochabend: Nachdem China jahrelang das Land war, in dem die meisten Menschen lebten, taucht nun plötzlich eine andere Nation auf der Bildfläche auf, um ihm diesen Rang abzulaufen. Laut dem Jahresbericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) dürfte Indien mit 1,4286 Milliarden Menschen bis Mitte dieses Jahres das bevölkerungsreichste Land der Welt sein.

Und das ist noch nicht alles: Aktuell befindet sich Indien zwar noch auf Platz fünf der größten Volkswirtschaften, doch in einigen Jahren könnte es Deutschland von Platz vier verdrängen.

"Markus Lanz" – Das waren die Gäste:

  • Britta Petersen, Südasien-Expertin
  • Ranga Yogeshwar, Moderator

„Was ist das für ein Riese, der da erwacht?“, fragt Markus Lanz deswegen in seiner späten Mittwochnachtsendung. „Und wie verändert das die Welt?“ Darüber herrscht bei seinen beiden Gäst:innen des Abends, der langjährigen Neu-Delhi-Korrespondentin der "Financial Times“ Britta Petersen und dem Moderator Ranga Yogeshwar, der selbst einen Teil seiner Kindheit in Indien verbracht hat, große Einigkeit. Lesen Sie auch: Kommen die westlichen Waffen zu spät, Professor Masala?

Lanz: Indien reift zur Supermacht heran

Nach 400 Jahren Kolonialisierung befinde sich Indien gerade in einer „Phase des Erwachens“, meint Yogeshwar. Das Land werde, so wie China, immer selbstbewusster und erkenne, was es der Weltwirtschaft zu bieten hat. Problematisch findet Yogeshwar in Anbetracht dessen besonders die starre Position der westlichen Länder. Indien und China würden bald zu den „Zentren der Wirtschaft werden“, doch in Europa laufe man immer noch dem Gedanken hinterher, selbst der Nabel der Welt zu sein.

Einen großen Förderer und Vorbild in der Entwicklung Indiens zu einer neuen Weltmacht sehen die beiden in dem aktuellen Premierminister des Landes, Narendra Modi. Er will das Land zum Global Player machen und „steht exemplarisch für den Aufstiegswillen der unteren Bevölkerung“, erklärt Petersen. Modi sei der erste Premierminister, der nicht aus der Elite, sondern der Arbeiterklasse stammt. Er habe sich nach oben gearbeitet, sei ehrgeizig und diszipliniert. „Er verkörpert das Versprechen: Du kannst es schaffen!“

Deutschland auf Indien als neue Supermacht angewiesen?

Als besonders wichtig für die Erfolgsgeschichte Indiens schätzt Lanz die Liebe zu naturwissenschaftlichen Themen ein. Mathematik sei schon immer eine große Stärke des Landes gewesen, meint Yogeshwar, „weil man zum Nachdenken nicht viel braucht“. Bei der miserablen Infrastruktur hätte man nur ein paar Möglichkeiten, um es zu etwas zu bringen. „IT war eine davon.“ Immerhin bräuchte man dafür nur eine sichere Stromversorgung, einen Computer und eine Satellitenschüssel. „Eine Chemiefabrik in Indien zu bauen, ist ungleich schwerer“, fügt Yogeshwar ironisch hinzu.

Indien sei eine „Nation mit klugen Leuten“ auf die auch Deutschland dringend angewiesen sei, um den Fachkräftemangel im eigenen Land wieder auszugleichen, meint Yogeshwar weiter. Auch deswegen müsse Deutschland um Indien und seine Gunst werben. So würden bis 2030 37 Prozent alle Ingenieurinnen und Ingenieure aus China und 27 Prozent aus Indien kommen. Aus Deutschland seien es lediglich 1,8 Prozent.

Den Wachstumssprint, den Indien hinter und vor sich hat, verdeutlicht Lanz am Beispiel der indischen Stadt Bangalore, der Kindheitsstadt von Yogeshwar und das heutige Zentrum der indischen Hightech-Industrie. Yogeshwar berichtet, dass ungefähr 400.000 Menschen in der Stadt lebten, als er dort aufwuchs. Mittlerweile ist die Bevölkerung auf über 10 Millionen Menschen gewachsen. „Die Stadt hat mit der Kindheit, die ich da verbracht habe, nichts mehr zu tun“, resümiert Yogeshwar.

Folgt man den Ausführungen von Lanz Expertinnen und Experten, sieht man schnell eine neue Supermacht heranreifen, die Deutschland und Europa auf keinen Fall unterschätzen, sondern als ebenbürtigen Partner betrachten sollten.

Markus Lanz: So liefen die letzten Sendungen