Elmar Otto über den pädagogischen Wert des Sitzenbleibens.

Ist Sitzenbleiben pädagogisch wertvoll, oder gehört es auf den bildungspolitischen Friedhof? Diese Debatte wird auch außerhalb von Krisenzeiten regelmäßig geführt.

Bereits im vergangenen Schuljahr wurde das Sitzenbleiben ausgesetzt. Das war richtig. Damals war das Schulsystem durch die Corona-Pandemie überfordert. Schüler, Lehrer und Eltern wussten allesamt nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht, weil das Lernen von zu Hause aus Neuland war und gar nicht oder kaum klappte. Auf dieser Grundlage wäre eine Benotung der Leistungen ungerecht gewesen.

Und wie sieht es aktuell aus?

Das Arbeiten mit der Schulcloud klappt immer noch suboptimal. Ob man reinkommt, hat etwas von Glücksspiel. Das ist ärgerlich und frustriert, diejenigen, die trotz aller Mühen weiter Lust auf Homeschooling haben.

Wieder stellt sich die Frage: Sollten Schüler in diesem Schuljahr sitzenbleiben?

Die Antwort lautet: ja, aber.

Auf der einen Seite macht Leistung keinen Sinn mehr, wenn problemlos in die nächste Klasse aufgerückt werden kann. Das darf nicht sein.

Auf der anderen Seite dürfen Schüler nicht darunter leiden, dass die Landesregierung ihre Hausaufgaben nicht ordentlich macht und ein nicht ausgereiftes Schulportal zur Verfügung stellt.

Gleichwohl: Sitzenbleiben ist nichts Schlechtes. Eine Klasse zu wiederholen, darf nur nicht länger gesellschaftlich als Versagen stigmatisiert werden. Es muss als das begriffen werden, was es ist: die Chance, nicht verstandenen Schulstoff erneut vertiefen zu können, damit Wissenslücken nicht immer weiter mitgeschleppt werden.