Die Arbeit in den Stadt- und Gemeinderäten folgt etwas anderen Regeln, als die Politik auf der großen Bühne. Das Parteibuch spielt eine untergeordnete Rolle. Und auch bei den Wahlen werden eher Gesichter denn Parteien gewählt.

Dennoch errang die AfD bei uns in der Region auf Anhieb sehr gute Ergebnisse bei den Kommunalwahlen. In Zeulenroda-Triebes holte sie aus dem Stand vier Sitze. In Langenwetzendorf bleibt gar ein Platz frei, weil der Einzelbewerber Stimmen für Zwei erhielt. Eine Protestwahl?

Eine Bekannte formulierte den Grund, ihr Kreuz bei der AfD zu setzen so: „Damit sich mal was ändert!“. Was genau sie damit meint, war nur schwer festzumachen. Mit der Rente und den vielen Ausländern. Das sei alles ungerecht. Dinge, die sich kaum auf kommunaler Ebene ändern lassen. Im Gespräch merkte ich, dass es mehr ein diffuses Gefühl war, dass sie zu ihrer Wahl bewegte. Ein Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, das in mancherlei Hinsicht nicht einmal unbegründet ist.

Doch die AfD verdankt ihren Erfolg zu großen Teilen dem appellieren an solche unbestimmten Ahnungen – und macht sich dabei auch urmenschliche Empfindungen der niederen Art zunutze. Neid, Egoismus und Abwertung des Fremden. Das sind alles soziale Mechanismen, die im Menschen angelegt sind. Es gibt in der Psychologie ein Phänomen, das heißt Fremdgruppen-Abwertung. Kurz gesagt geht es darum, dass die Aufwertung unserer eigenen Gruppe, das ist der Fußballverein genauso wie das Dorf oder die Nation, gegenüber einer fremden essenziell für unsere Persönlichkeitsbildung ist. Oder einfacher: Dass wir uns selbst geil finden und die anderen nicht ganz so pralle, ist wichtig für unsere geistige Entwicklung.

Doch die Nebeneffekte, wenn wir diesem „Bauchgefühl“ zu sehr vertrauen, sind: Neid, Vorurteile, Rassismus. Kein Mensch kann sich davon freisprechen, doch ist die Aufgabe einer aufgeklärten Gesellschaft, Instinkte und Gefühle zu hinterfragen. In Europa und auf Landes- und Bundesebene wird die Partei weiter auf dieses trügerische Gefühl des „Ich bekomme zu wenig und andere zu viel“ bauen. Bleibt zu hoffen, dass die Kommunalparlamente weiter „eigenen Gesetzen“ folgen und sich die AfD-Vertreter nicht davon leiten lassen. Denn es gibt genug Ungerechtigkeiten, die mit Zahlen belegbar sind. Da braucht es keine gefühlten Gräben.