Jörg Riebartsch zur plötzlich veränderten Bewertung von Berufen.

Die gegenwärtigen Einschränkungen des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens mag man gern als nervtötend und belästigend empfinden. Es gibt aber auch positive Begleiterscheinungen. Beispielsweise gewinnen momentan Berufe an Wertschätzung, die die meisten Menschen bislang gar nicht oder nur kaum beachtet haben.

Es war zwar in Mode, Pflegeberufe herauszuheben. Jeder Politiker, der was auf sich hielt, lobte öffentlich das Engagement von Menschen in der Pflege. Und selbstverständlich versicherte man pflichtschuldig, dass diese Beschäftigten auch ein weitaus besseres Gehalt verdient hätten. Gelegentlich hörte man das auch über Paketboten.

Mit der Corona-Krise wird auf einmal auch über Müllwerker, Kassiererinnen in Supermärkten, Sprechstundenhilfen in Arztpraxen, Hortnerinnen, Zeitungszusteller oder Verkäuferinnen aus Bäckereien, Drogerien und Fleischereien wohlwollend gesprochen.

Fällt uns dabei was auf? Die genannten Berufe sind in der deutschen Einkommensskala eher weit unten angesiedelt. Hier reden wir nicht über Spitzengehälter von Vorstandsvorsitzenden, Bundesliga-Millionären oder Größen aus der Showbranche. Manchem wird nun klar: Dieses Land halten momentan nicht die Konzernchefs, Bayern-Torwart Manuel Neuer oder Schlagerstar Helene Fischer am Laufen, sondern die Menschen, die uns Lebensmittel oder medizinische Versorgung geben.

Nicht die Höhe des Gehaltes macht den Wert des Beschäftigten in der Gesellschaft aus, sondern das, was er tut.

Möglicherweise werden die gering Bezahlten es als Hohn empfinden, dass nun mal über sie geredet wird oder manche Menschen sich auf Balkone stellen und ihnen applaudieren. Besser wäre es, die Wertschätzung bliebe von Dauer.