Jena. Thomas Beier kommentiert die nächste Fahrpreiserhöhung und ein Jenaer Trostpflaster mit Rücktrittsrecht

Beim Nahverkehr wurde gestreikt. Hoffentlich streiken ab August nicht die Fahrgäste. Die nächste Fahrpreiserhöhung wird nämlich im Verbund vorbereitet. Die Einzelfahrt in Jena soll demnächst 2,70 Euro kosten (statt 2,50 Euro). Sind das schon Mondpreise, weil viele das 49-Euro-Ticket haben?

Die politische Debatte darum ist in Jena Zeitverschwendung. Der Bürgermeister wird erneut wortreich erklären, dass alles sein muss, auch die Erhöhung der Kindereinzelfahrt auf 1,80 Euro. Es gibt Meckerei, und dann wird die Sache mehrheitlich beschlossen. Es will schließlich keiner aus dem Verkehrsverbund austreten.

Späti auf der Linie 15 kommt

Immerhin kommen als Trostpflaster ein paar der lange schon beschlossenen Netzverbesserungen: Zum Beispiel starten der Späti-Abendverkehr auf der Buslinie 15 oder als Komplexmaßnahme ein Zubringer für die Ortslagen Drackendorf, Ziegenhain, Lichtenhain im Zwei-Stunden-Takt. Der Startschuss könnte nahe zur Kommunalwahl fallen. Aber Obacht, im Beschluss steht die Einschränkung, dass Fahrgäste genau gezählt werden und bei fehlendem Interesse die Wahlkampfgeschenke – Verzeihung, die Maßnahmen aus dem Nahverkehrsplan 2022+ – wieder gestrichen werden. Ein Rücktrittsrecht für Politik und Verwaltung.

Beim Neujahrstreffen der Gewerbe-Interessengemeinschaft Jena-Nord blickte Politik-Ökonom und Hauptredner Matthias Bauer diese Woche weit über den Tellerrand hinaus und warb dafür, zu vereinfachen und sich an eher kleineren Ländern zu orientieren. Da läuft vieles einfacher, weil sich der Staat weniger einmischt. Bei Tarifdebatten hilft das leider nicht. Einzeltickets sind in der kleinen Schweiz noch teurer, und in Estlands kleiner Hauptstadt Tallin zahlen die Bürger gar nichts. Ein weites Feld.