Jörg Riebartsch sieht die Union seit mehr als zwei Jahren ihr Publikum nerven.

Regieren statt balzen – der aktuelle Ratschlag an die Union. Seit Bundeskanzlerin Angela Merkel Ende 2018 den Vorsitz der CDU niederlegte, posaunt diese Partei mit Inbrunst ihre innerparteilichen Nachfolge-Probleme aus vollen Lungen ungefragt in die Bevölkerung. Die unaufgeregte, manchem sogar eher langweilig wirkende Regierungsphase von Merkel ist vorbei. Ihr Versuch, mit Annegret Kramp-Karrenbauer eine weibliche Nachfolgerin, auch für das Kanzleramt, zu etablieren, kann als gescheitert in den zeitgeschichtlichen Tagebüchern abgehakt werden.

Jetzt haben die Männer, die unaufhörlich das Pfauenrad schlagen, wieder die Oberhand in der CDU – und sowieso in der CSU.

Durch Merkels Fehlen wird deutlich: Ihre lange Dominanz als Regierungschefin und Parteivorsitzende hat nur kaschiert, dass die Union ein parteipolitischer Männerverein geblieben ist. Der auch aus dem Regierungsamt scheidenden Politikerin war auf europäischer Ebene noch ein doppeltes Zeichen gelungen: Ursula von der Leyen wurde erste Präsidentin der Kommission. Christine Lagarde hat als erste Frau die Führungsrolle bei der wichtigen Zentralbank übernommen.

In Deutschland hingegen bleiben männliche Balztänze zurück, die nicht nur peinlich berühren und zum Fremdschämen einladen. So purzeln auch die Umfragewerte der Union in Tiefenordnungen, die ein politisches Leben in der Opposition verheißen. Man muss deshalb kein großer Prophet sein, um vorauszusehen, dass die Zeiten bald vorbei sein können, in denen die Thüringer CDU noch alle Direktmandate für den deutschen Bundestag holte. Nicht ausgeschlossen, dass in Ostthüringen in Gera die Partei ihr Direktmandat sogar an die AfD verdaddelt.

Der Pfau gilt übrigens als Symbol für Arroganz und Eitelkeit. Möglich, dass sich bald manche Menschen nach der uneitlen Frau Merkel zurücksehnen werden.