Ein Kommentar von Martin Debes über die geplante Neuwahl des Thüringer Ministerpräsidenten.

Ein Paradox – oder ein Paradoxon, so viel Zeit darf sein – ist ein Widerspruch in sich selbst. Ein aktuelles Beispiel: Die Thüringer CDU will, wie sie unentwegt versichert, am 4. März „nicht aktiv“ den Linken Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten wählen. Ihr Generalsekretär fügte zuletzt sogar noch ein trotziges „Und auch nicht passiv!“ an. So will die lädierte Landespartei der Rache des Konrad-Adenauer-Hauses entgehen.

Gleichzeitig, und dies ist der offenkundige Widerspruch, möchte die CDU mit einem neu gewählten Regierungschef Ramelow zusammenarbeiten, um Neuwahlen zu verhindern, die für sie desaströs enden dürften. Parallel dazu setzt der Ex-Möchtegern-Ministerpräsident nach seinem Scheitern am 5. Februar darauf, dass er diesmal im ersten Wahlgang die nötigen 46 Stimmen bekommt, obwohl Linke, SPD, Grüne gemeinsam nur auf 42 Abgeordnete kommen.

Nun ist die Situation in Thüringen gerade in mancherlei Hinsicht paradox. Ein Regierungschef ohne Regierung, ein Landtag ohne erkennbare Mehrheit, eine CDU ohne Führung: Sie viel selbstzerstörerische politische Agonie hat es noch nie in der neueren deutschen Geschichte gegeben.

4. März als Tag der neuen Ministerpräsidentenwahl im Thüringer Landtag bestätigt

Das alles soll nun mit der Lösung des Wahl-Paradoxons aufgedröselt werden. Ist Ramelow gewählt, gibt es eine echte Regierung und ein Parlament, in dem sich zumindest temporär Mehrheiten bilden. Und die CDU erhält die Zeit, sich vor der nächsten Landtagswahl neu aufzustellen.

Doch wie könnte die mögliche Lösung bei der Wahl aussehen? Sie findet sich in einem kleinen Absatz in der Landesverfassung, der im parlamentarischen Alltagsgeschäft sonst zumeist gezielt ignoriert wird: „Die Abgeordneten sind die Vertreter aller Bürger des Landes. Sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen verantwortlich.“

Das heißt: Die Mitglieder des Landtags sind, zumindest theoretisch: frei. Sie müssen jetzt ihre Freiheit in der geheimen Abstimmung am 4. März nutzen, um dem Land zu helfen, dem sie ja dienen sollen.