Marius Koity über Zukunftsmusik bei den Wahlen

„Hä, warum muss ich irgendwohin laufen, wenn ich wählen will, warum geht das nicht online?“, hörte ich neulich in Pößneck eine offensichtliche Erstwählerin bläken. Ein Jungwähler versicherte mir gestern vor dem Wahllokal 4, dass er die jetzige Form in Ordnung finde, weil die Volksvertreter nicht anonym, sondern unter den Augen des Volkes bestimmt werden. Eine junge Mutter konnte sich vor dem Wahllokal 1 vorstellen, dass per Mausklick eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen wäre. „Hört mir bloß auf mit dem Internetzeugs!“, schimpfte indes eine ältere Dame, die sich am Gehstock ins Wahllokal 2 gequält hatte. Zum E-Voting gehen in Pößneck die Meinungen also sehr auseinander. Glaubt man einer Umfrage des russischen Softwareunternehmens Kaspersky, dann würde mehr als jeder zweite Deutsche gern online wählen. Mit etwas Köpfchen bekommt man das auch manipulationssicher hin, heißt es in einer deutschen Computerzeitschrift. Schließlich gibt es das schon in Estland, immerhin ein EU-Staat, oder bei den pingeligen Schweizern. Solchen Projekten hat in Deutschland das Bundesverfassungsgericht 2009 einen Riegel vorgeschoben. Weil etwa die Oma am Krückstock, die weder einen Computer hat, noch einen bedienen könnte, von der elektronischen Wahl ausgeschlossen wäre. Das geht natürlich nicht. So werden wir uns bestimmt auch in fünf Jahren wieder beispielsweise über unhandliche Kreistagswahlzettel ärgern.