OTZ-Chefredakteur Jörg Riebartsch über Demokratie, die weitaus spannender ist als ein Krimi.

Für Sonntag in einer Woche kündigt die ARD aus der Krimiserie „Tatort“ einen Fall an, der den Titel trägt „Der Elefant im Raum“. Nach einem detaillierten Drehbuch ist die Story abgedreht und wartet nun nur noch auf die Ausstrahlung.

Stunden vorher wird es in Thüringen noch viel, viel spannender sein, auch wenn das Drehbuch nur sehr dünn ist. Dieses sieht lediglich vor, dass zwischen 8 und 18 Uhr am 27. Oktober die Wahllokale zur Landtagswahl geöffnet haben. Viel mehr ist nicht bekannt, nur wenige Dinge stehen bereits fest. Voraussehen lässt sich, dass keine Partei eine absolute Mehrheit erringen wird. Klar ist auch, dass die AfD der Gewinner der Wahl sein wird. Die Partei kann ihr Stimmenergebnis in etwa verdoppeln. Das ist seit 1990 noch nie einer Partei von einer auf die andere Wahlperiode gelungen. Immerhin konnte der linke Rand, die Linkspartei und ihre Vorgänger, ihren Anteil kontinuierlich von knapp zehn Prozent auf gut 28 Prozent nach Jahrzehnten steigern. Thüringen wird möglicherweise nach der Wahl das Bundesland sein, in dem die politische Mitte am stärksten ausgezehrt ist.

Auf alle anderen Erkenntnisse muss man gespannt warten. Das liegt an den Nichtwählern und den taktischen Entscheidern. Wahlforschern gelingt es nicht, gut vorauszusagen, wie viele Nichtwähler Ende Oktober es mal wieder mit ihrem Wahlrecht versuchen und größtenteils AfD wählen.

Schlecht einschätzen kann man zudem, was die taktischen Wähler machen. Immerhin stellen sie nach den Prognosen etwa ein Drittel der Wählerschaft. Das ist allemal wahlentscheidend. Taktische Wähler glauben fest daran, mit ihren beiden Stimmen final den Ausgang der Wahl beeinflussen zu können. Sie scheuen sich nicht, mit Erst- und Zweitstimme unterschiedliche Parteien zu wählen.

Bleibt Bodo Ramelows rot-rot-grüne Landesregierung im Amt oder wird sie abgewählt? Das ist die Kernfrage. Die Antwort wird wiederum davon abhängen, ob die FDP in den Landtag einzieht oder draußen bleiben muss wie in den zurückliegenden fünf Jahren. Tut sie es nicht, kann es gerade so für Rot-Rot-Grün reichen. Schafft sie dagegen die Fünf-Prozent-Hürde, könnte Ramelows Bündnis damit knapp abgewählt sein. Kein Demoskop vermag das aktuell einzuschätzen.

Deswegen ist Demokratie weitaus spannender als ein Krimi. Und jeder Wähler ist Teil dieses Krimis – hoffentlich nicht als Elefant im Porzellanladen..