Jörg Riebartsch  zu sozialdemokratischen Misserfolgen in Bund und Land.

Verdient die SPD nur noch einen sentimentalen Rückblick? Oder rechtfertigt sich ihr Dasein wenigstens als Beschaffer von Mehrheiten, der dafür vom Publikum stets rüde abgestraft wird? Meist begleitet von Ratschlägen, wie sich die Partei auszurichten habe. Auf Bundesebene träumt man sich ja immer noch eine linke Mehrheit herbei. Aber so sehr man Olaf Scholz das Ausrufen als sozialdemokratischem Kanzlerkandidaten auch gönnen mag – der nächste Kanzler Deutschlands wird entweder wieder von der Union gestellt werden oder von den Grünen.

Die SPD kann sich, ob im Bund oder in Thüringen, mühen wie sie will, ihre Wahlergebnisse schmelzen dahin wie die Alpengletscher in der Sommersonne.

Das liegt daran, dass die Partei seit Jahren inhaltlich meist weit neben dem Publikumsgeschmack liegt. Martin Schulz wurde 2017 mit einer aberwitzigen Quote von 100 Prozent zum SPD-Vorsitzenden gewählt. Als Kanzlerkandidat fuhr er dann das schlechteste jemals messbare Ergebnis ein. Zwischen dem, was die Partei denkt und was das Volk will, klafft also eine unüberbrückbare Lücke.

Erfolgreich ist die SPD immer dann, wenn sie die Milieus der gewerkschaftsnahen Industriearbeiter mit dem der aufstiegsorientierten Mittelschicht verknüpft. Zuletzt gelang das 1998. Mit Gerhard Schröder kam die Partei auf 41 Prozent, heute nicht mal auf die Hälfte.

Auch in Thüringen bekam den Sozialdemokraten der Wechsel von der CDU zum Dreier-Bündnis mit Linkspartei und Grünen nicht. So wenig SPD gab es im Freistaat noch nie. Weshalb es besser sein soll als drittes Rad am Wagen weniger Politik zu verwirklichen und geringeren Einfluss als einst an der Seite der CDU zu haben, kann niemand plausibel vermitteln. Mit der ergebenen Gefolgschaft der Prediger der Umverteilung macht sich die SPD unwählbar für die neue Mittelschicht und bleibt erfolglos.