Jörg Riebartsch über die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge.

Zwangsbeiträge von Hausbesitzern zur Finanzierung von sanierten Straßen sind in Thüringen Vergangenheit. Der Landtag hat das abgeschafft. Für die rot-rot-grüne Initiative stimmte auch die AfD. Die CDU enthielt sich. Nicht nur ein gleiches Abstimmungsverhalten der Regierungskoalition mit der Rechtspartei AfD ist ungewöhnlich. Das gesamte Gesetzesvorhaben steckt voller Besonderheiten.

Hausbesitzer zählen nicht gerade zur Kernwählerschaft der Linkspartei. Die sähe man eher bei der CDU verortet. Warum die Thüringer Union ihre langjährige Regierungsverantwortung – teilweise mit Alleinherrschaft – nicht genutzt hat, das Übel aus der Welt zu schaffen, und der Links-Koalition diesen Erfolg überließ, bleibt unklar.

Wie kommt man als Opposition aus der Zwickmühle heraus, bei der es eine gute Sache für einen Teil der Bevölkerung, also der Wählerschaft gibt, man aber natürlich der Regierung den Erfolg nicht gönnt? Modell AfD: Man stimmt zu und benennt die Schwachstelle des Gesetzes. Oder Modell CDU: Man enthält sich, stimmt also nicht aktiv zu, und benennt die Schwachstelle des Gesetzes.

Das Problem des verabschiedeten Gesetzes ist sein rückwirkender Stichtag. Das ist der 1. Januar 2019. Ab diesem Datum übernimmt die Landeskasse die Ausbaubeiträge. Rückwirkend alle jemals im wiedergegründeten Land Thüringen vor 2019 erhobenen Beiträge zu erstatten, ist allerdings unbezahlbar, auch wenn die CDU im Wahlkampffieber anderes verspricht. Und wenn man die Beiträge abschaffen will, muss man irgendwann damit anfangen. Man darf ja nicht vergessen, dass mancher Hausbesitzer einen Gebührenbescheid als existenzbedrohend ansah. Eine Härtefallregelung für den Zeitraum zwischen 2015 und 2018 könnte Ungerechtigkeiten ausgleichen. Denn in den Kommunen wird oft nicht nur im Schneckentempo gebaut. Nicht selten dauert es auch gefühlte Ewigkeiten, bis der Beitragsbescheid überhaupt ins Haus flattert.

Der Stichtag 1. Januar 2019 kann dazu führen, dass in Straßen, die abschnittsweise saniert werden, bereits Gebührenbescheide erlassen wurden. Der Rest der Straße fiele dann unter die Beitragsfreiheit.

Bei der Diskussion um Ungerechtigkeiten und Stichtage ist ein Aspekt unter den Tisch gefallen. Nicht alle Kosten konnten die klammen Kommunen auf ihre Bürger umlegen. Dementsprechend sind auch viele Ortsstraßen in miserablen Zustand. Daran dürfte das neue Gesetz nichts ändern.