Jedes Jahr im März, in den Wochen vor der Leipziger Buchmesse, stapeln sich bei mir neue Bücher.

Es türmen sich Werke, die mir ein Herzensbedürfnis sind, und solche, die mir ans Herz gelegt werden. Diese Woche war mir die Zeit vergönnt, zwei dieser Neuerscheinungen genießen zu können.

Zum einen war es der „Thüringentod“ von Julia Bruns aus dem Emons Verlag Köln. Neugierig hat mich die Verheißung gemacht, dass dies „Der Krimi zum Thüringentag“ sei. Hat das Buch etwas mit der Pößnecker Erfolgsgeschichte von 2015 zu tun? Das nicht. Aber die Tote, die an der Unstrut in der Thüringentagsstadt 2019 Sömmerda gefunden wird, hätte genauso an der Kotschau liegen können. Auch sonst kann man sich die Handlung mit Wirren der Wende, Ossi-Wessi-Gags und einer letztlich fatalen Beziehungs­kiste gut in Pößneck vorstellen – mal abgesehen von der personellen Ausstattung der örtlichen Polizei. Julia Bruns, eine profilierte thüringische Krimi-Autorin, kennt Land und Leute und vermag es, Geschichte und Geschichten herzerfrischend zu verweben – ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Man sollte ihr einen Pößneck-Roman schmackhaft machen – zur 700-Jahr-Feier der Stadt 2024.

Eher nachdenklich stimmt zum anderen das „Warten auf den Vater“ von Tatjana Böhme-Mehner aus dem Europa Verlag München. Die heutige Dramaturgin der Philharmonie Luxemburg lebte von 1976 bis 1988 im Eckhaus Poststraße 10 in Triptis, um hier als Kind auf ihren Papa zu hoffen – auf Ibrahim Böhme (1944-1999), den schillernden Stasi-Spitzel und Mitbegründer der Ost-SPD, der 1990 vielleicht DDR-Ministerpräsident geworden wäre. Ihr Harren und Hadern verbindet die Sachbuchautorin auf vielen Seiten mit liebe- und humorvollen Erinnerungen an das Triptis jener Jahre. Hierbei skizziert sie nicht zuletzt Porträts ihrer Großeltern, die heute noch vor Ort leben, und ihrer Mutter, die zeitweise die Stadtbibliothek leitete. Dahin, an einen der Schauplätze des lesenswerten Bandes, sollte man die einstige Marktschülerin Tatjana Böhme-Mehner zu einer Lesung einladen.