Landauf landab wird über das Misstrauen gegenüber Institutionen geredet. Menschen wenden sich ab von Volksparteien und wenn es um Behörden geht, wird erst recht vom Leder gezogen.

Die Geschol­tenen wiederum können sich diese Brüche nicht er­klären. Je weiter weg ein Verantwortungs­träger von der Basis oder Provinz ist, desto größer seine Verwunderung über die Flucht der Mittelschicht in die Extreme oder ihren Rückzug ins Private. Dabei sind es mitunter staatliche Stellen selbst, die diesem demokratie­gefährdenden schleichenden Prozess Vorschub leisten.

Ak­tuelles Beispiel ist, wenn man das so nennen kann, der rund 20-jährige Hickhack um die Sanierung der schwermetallbelasteten alten Kläranlage in Pößneck. Da muss der kleine Zweckverband Wasser und ­Abwasser Orla zum Mittel der Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht greifen, weil der Altlastenzweckverband Nord-/Ostthüringen aus Erfurt in der Landeshauptstadt wohl eine so starke und parteienübergreifende Lobby hat, dass er konsequent und ohne Kon­sequenzen seine verdammte Pflicht ignorieren kann, nach allen anderen Altlasten in Thüringen auch jene in Pößneck zu beseitigen. Im Vergleich ist das in etwa so, als ob man einfach seine Steuern nicht bezahlen oder die Feuerwehr­zufahrt als Dauerparkplatz für sein Auto nutzen würde. Kommt man da als Bürger un­geschoren davon?

Sicher stockte auch mir der Atem, als ich gehört habe, dass ein Grundstück für 7,5 Millionen Euro in Ordnung gebracht werden soll, um am Ende nur einen Bruchteil dieses Geldes wert zu sein. Allerdings ist das der Preis dafür, dass man auf die Selbsterledigung des Problems oder vielleicht auch nur einen Dummen gewartet hat. Schließlich haben (sicher nicht grundlos) verschärfte staat­liche Vorschriften zur Sanierungskostenexplosion geführt – um deren Umsetzung sich nun eine staat­liche Stelle wie der Altlastenzweckverband drückt. Geht‘s noch? Wenn „Den letzten beißen die Hunde“ ein Prinzip staatlichen Handelns geworden ist, na dann gute Nacht!