Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter ist Oberst a. D. der Bundeswehr, Obmann der CDU im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages und einer der Experten in der Union, wenn es um militärische Fragen und Verteidigungspolitik geht.

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Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter ist Oberst a. D. der Bundeswehr, Obmann der CDU im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages und einer der Experten in der Union, wenn es um militärische Fragen und Verteidigungspolitik geht. Der Angriff der Hamas auf Israel hat Kiesewetter wie alle anderen überrascht, der Zeitpunkt sei aus Sicht der Palästinenser aber bewusst gewählt: „Israel war geschwächt durch die innenpolitischen Debatten und rechtsstaatlichen Auseinandersetzungen der vergangenen Monate, und von der Art und Weise, mit der Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versucht hat, Justizreformen durchzusetzen. Und zugleich hat die Hamas mit großer Sorge beobachtet, wie sich Saudi-Arabien dem Erzfeind Israel angenähert hat.“ Außerdem müsse man das Interesse sehen, dass andere Länder an dem Konflikt hätten: „Der Iran, unter dessen massiven Einfluss die Hamas steht, schafft in enger Kooperation mit Russland einen neuen Kriegsherd, um die Aufmerksamkeit von der Ukraine weg zu lenken und den Westen zu verunsichern.“ Der Zeitpunkt des Terrorangriffs habe auch damit zu tun, so Kiesewetter, „dass die Ukraine im Kampf gegen Russland inzwischen erhebliche Erfolge verzeichnet und vor einem Durchbruch steht, wenn sie entsprechende weitere Waffensysteme erhält, Stichwort Taurus.“ Putin käme es gerade recht, wenn der Westen sich einem neuen Krisenherd zuwende und deshalb müsse vor allem Deutschland den aus Kiesewetters Sicht nach wie vor zögerlichen Kurs bei der Unterstützung der Ukraine aufgeben. „Es geht dabei gar nicht um die gesamte Ampel-Regierung. FDP und Grünen wollen schon seit langem, dass zum Beispiel Taurus (ein Luft-Boden-Marschflugkörper) geliefert. Das Problem sind der Bundeskanzler und sein engster Beraterkreis, die dagegen sind. Das, was Olaf Scholz Besonnenheit bei seinen Entscheidungen nennt, ist in Wahrheit nicht selten unterlassene Hilfeleistung. Dabei muss der Krieg in der Ukraine so rasch wie möglich beendet werden.“ Kiesewetter glaubt, dass das innerhalb des nächsten Jahres möglich wäre, wenn die Ukraine vom Westen optimal militärisch unterstützt wird. Der Krieg dort müsse so schnell wie möglich zugunsten der Ukraine entschieden werden, „damit wir uns auf andere, bereits bestehende oder neu aufflammende Brandherde kümmern können“, so der CDU-Politiker. „Wir befinden uns längst in einem Zeitalter, in dem es verschiedene Konflikte gibt, die vielfach miteinander zusammenhängen. Historiker werden das vielleicht mal als eine neue Form des Dritten Weltkrieges bezeichnen.“ Denn die entscheidenden Akteure im Vorder- beziehungsweise Hintergrund verfolgten dasselbe Ziel: „Es gibt einige wenige Staaten, die die regelbasierte Ordnung, wie sie seit dem Zweiten Weltkrieg mühsam aufgebaut wurde, aushebeln wollen und Einflusszonen schaffen, in denen das Recht des Stärkeren gilt und nicht mehr die Stärke des Rechts.“ Auf dem Weg dorthin würden Männer wie der russische Präsident Wladimir Putin darauf hoffen, den „Westen zu ermatten“. Er setze zum Beispiel darauf, dass noch mehr Menschen aus der Ukraine in Richtung Europäische Union und Deutschland fliehen müssen: „Was machen wir, wenn wir plötzlich nicht mehr eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland haben, sondern drei oder vier Millionen?“, fragt Kiesewetter.