Gera. Nachgehakt: Jens Kästner begleitete Flüge der Interflug. Für Stephan Brandner ist das kein Problem.

Der AfD-Stadtratskandidat Jens Kästner hat früher für die Staatssicherheit gearbeitet. In einem anonymen Brief wurde das der Redaktion mitgeteilt. Als Quelle gab man eine stasieigene Datenbank an. Der zufolge betrieb Kästner Terrorabwehr.

Im Gespräch bestätigt der 53-Jährige die hauptamtliche Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit. 1984 war er zum Wehrdienst eingezogen worden. Als Fallschirmjäger habe man ihn in das Wachregiment Felix Dzierzynski in Berlin aufgenommen. 1986 sei er gefragt worden, ob er im Kommando Aufklärung tätig werden wolle. Er sagte zu und begleitete bis zur Wende im Jahr 1989 Flüge der DDR-Fluggesellschaft Interflug. „Ich bin bewaffnet mitgeflogen und habe dafür zu sorgen gehabt, dass die Flugzeuge dort landen, wo sie hin sollen“, erzählt er. Außerdem habe er Stewardessen ausgebildet und beispielsweise für Seenotrettungsübungen geschult.

„Ich stehe dazu. Es gibt in der ganzen DDR keinen, der in seiner Akte meinen Namen finden wird“, sagt der Geraer. Der gelernte Betriebs-, Mess-, Steuer- und Regeltechniker schloss vor fünf Jahren eine Ausbildung zum Podologen ab. Heute arbeitet er mit seiner Frau selbstständig in einer Praxis in Lusan.

Stephan Brandner, Bundestagsabgeordneter und Inhaber von Listenplatz 4 auf der Geraer Stadtratsliste, hatte sich voriges Jahr beim Treffen mit dem Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, so geäußert: „Die Stasi war Schild und Schwert der SED, Handlanger und Helfershelfer der Unterdrückung und Drangsalierung der Bevölkerung“. Dass Kästner nach ihm auf der Stadtratsliste steht, stört ihn nicht. „Das ist halb so wild. Es ist ein großer Unterschied, ob ich unbeteiligte Leute bespitzele oder im Flugzeug für Sicherheit gesorgt habe“, erklärte Brandner auf Nachfrage. Stadtratskandidaten müssen sich zu einer Mitarbeit für die Stasi nicht erklären.