Sonneberg. Sonneberg sorgt gerade bundesweit für Schlagzeilen. Unternehmerin Sina Martin würde lieber die schönen Seiten der Region – insbesondere die Spielzeugtradition – im medialen Fokus sehen.

Sina Martin ist eine junge Unternehmerin, die gerne für TV-Auftritte angefragt wird, weil sie ein nicht alltägliches Geschäft betreibt: Teddybären sind nicht nur ihr Produkt, sondern auch ihre Passion. Sie sagt: Der Martin-Teddy ist wohl mehr als ein Spielzeug, er steht als Symbol für zwischenmenschliche Nähe, das in der ganzen Welt verstanden wird. Bei Martins wird dieses Spielzeug bereits seit 120 Jahren hergestellt. Und zwar in Sonneberg. Nun sind Stadt und Kreis nicht wegen des Spielzeugs, sondern wegen der Landratswahl im Fokus.

Frau Martin, bitte stellen Sie sich unseren Leserinnen und Lesern kurz vor.

Ich bin 34 Jahre alt und die fünfte Generation einer Sonneberger Spielzeugmacherfamilie. Ich wurde in Sonneberg geboren und lebe hoffentlich mein restliches Leben hier. Ich habe mich bewusst entschieden in Sonneberg zu bleiben und mich hier für die Zukunft eingerichtet.

Waren Sie nie weg?

Doch – und zwar während des Auslandsjahr und meines Studiums. Ich habe Wirtschaftsinformatik in Ilmenau studiert.

Sie sind Unternehmerin?

Ja. Die Martin Bären GmbH leite ich als Geschäftsführerin seit 2011.

Für Spielzeugtradition weltweit bekannt

Gehören Sie einer Partei an?

Nein.

Sonneberg hat noch nie so viel Aufmerksamkeit bekommen wie derzeit. Nervt das nur noch, oder ist das auch für etwas gut?

Prinzipiell finde ich mediale Aufmerksamkeit gut, denn Sonneberg ist ein schönes Städtchen in einer Region, die eine weltweit einmalige Geschichte hat und wegen ihrer Spielzeugtradition einst weltbekannt war. Schade ist, dass sich infolge der aktuellen Aufmerksamkeit ein in meinen Augen falsches Bild der Sonneberger zeigt und viel pauschalisiert und in Schubladen gesteckt wird.

Was ist los mit den Sonnebergern?

Es fehlt das Vertrauen und das Miteinander. Viele – oder so gut wie alle -- fühlen sich nicht von der Regierung verstanden oder wirklich gesehen, sondern hatten den Eindruck, dass ihnen eher noch durch die Bürokratie „Steine in den Weg gelegt werden“. Und auch wie Politik in den Medien dargestellt wird, leistet einen Beitrag dazu, dass man sich nicht mehr auf derselben Seite sieht. Menschen fühlen sich ungerecht behandelt und immer wieder mit Ungerechtigkeiten konfrontiert statt mit Ergebnissen.

Eigentlich ist Sonneberg ein Schatzkästlein. Es müsste also touristisch boomen. Woran liegt es, dass es nicht so ist?

Wir haben historisch wenige touristische Strukturen, da wir lange Zeit Grenz- und Sperrzone waren. Die Stadt lag weniger als zehn Kilometer von der innerdeutschen Grenze entfernt und es war damals schwer, nach Sonneberg zu kommen. Alle Besucher wurden genau kontrolliert.

Region muss touristisch besser aufgestellt werden

Das liegt drei Jahrzehnte zurück. Wie sieht es jetzt aus in der Stadt?

Wie Sie schon sagen: Wir haben großes Potenzial und es gibt viele Menschen – und ich lerne immer mehr kennen –, die dieses Potenzial erkennen und schätzen und mit viel Herzblut dazu beitragen, dass die Region touristisch besser aufgestellt wird. Aktuell kommt eine neue Generation nach, die das erkannt hat und die Negativspirale – wenig Angebot, wenige Besucher, noch weniger Angebote, noch weniger Besucher – wieder in die andere Richtung nach oben schrauben möchte.

Aber?

Dagegen steht, dass viele Läden im Generationenwechsel keine Nachfolger finden und viele junge Menschen wegziehen.

Vielleicht ist die Wahl eines AfD-Landrats erst der Anfang. Es könnte so kommen, dass bei den nächsten Kommunalwahlen die Rathäuser mehrheitlich von der AfD übernommen werden, der Kreistag, die Gemeinderäte… Wie geht es nun weiter?

Ich kann nicht abschätzen oder vorhersagen, wie es für uns kommunalpolitisch weitergeht und was das für Folgen haben wird.

Jeder sollte seine Stärken einbringen

Sie sagen selbst, viele jungen Leute ziehen weg. Manche in Ihrer Generation, die anderswo leben und arbeiten, sagen sich nun womöglich: Zurück in dieses Sonneberg? Auf keinen Fall. Was bewegt Sie derzeit?

Ich persönlich werden weiter in Sonneberg die ehemalige Weltspielzeugstadt sehen und versuchen, diese Erbe und die Tradition lebendig zu halten. Ich werde weiter Gleichgesinnte suchen und das Netzwerk weiter aufbauen, denn ich bin überzeugt, dass wir das nur gemeinsam schaffen können, in dem jeder seine Stärken einbringt.