Berlin. Ihre Kindheit war westlich geprägt, ihr Lebensstil im Ausland luxuriös – nun sind auch die Töchter von Lawrow nicht mehr gerngesehen.

Der russische Außenminister, Sergej Lawrow, gehört zum engsten Kreis um Kreml-Chef Wladimir Putin. Dem Westen wirft er seit Beginn des Ukraine-Krieges immer wieder vor, Russland zerstückeln zu wollen – auch um sein Land als „Rivalen auf internationaler Bühne zu elimieren“.

Auf diese Weise hat sich der einst angesehene Diplomat zunehmend isoliert. Ziel internationaler Sanktionen ist er ohnehin. Und beides trifft nun auch die Familie des Ministers, insbesondere die beiden Töchter.

Vor dem Krieg soll Lawrow nicht nur seiner leiblichen Tochter Jekaterina Winokurowa, sondern auch Polina Kowalewa, der Tochter seiner mutmaßlichen Geliebten, einen Nobel-Lifestyle im Ausland finanziert haben – jenes Ausland wohlgemerkt, das Lawrow öffentlich so heftig angreift.

Demonstrationen gegen "Kriegsverbrecher-Tochter"

Laut der Investigativjournalistin und Vorsitzenden der von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny gegründeten „Anti-Corruption Foundation“, Maria Pevchikh, kaufte Kowalewa 2016 eine 4,4 Millionen Pfund teure Eigentumswohnung im Londoner Nobelbezirk Kensington. Gezahlt haben soll sie in bar.

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Als sie vergangenes Jahr im Zuge der Sanktionen gegen Lawrow ihre Wohnung zu verlieren drohte, löschte Kowalewa ihren Instagram-Account, dessen Inhalte Pevchikh als „Non-Stop-Urlaub“ beschrieb. Doch es half nichts.

Einige Londoner machte das Luxusleben der Lawrow-Stieftochter so wütend, dass sie sich mit Schildern vor der Wohnung der jungen Frau postierten, auf denen „Kriegsverbrecher-Tochter“ oder „Hier wäscht die Tochter des Kriegsverbrechers Sergej Lawrow ihr Geld“ stand.

Winokurowa: Lawrow-Tochter aus Georgien vertrieben

Sollte Kowalewa die Herkunft des Kaufkapitals für ihre Wohnung weiterhin nicht nachweisen können, könnte das Luxus-Apartment von den britischen Behörden beschlagnahmt werden. Kowalewa musste inzwischen ihre Wahlheimat London verlassen – und kehrte zu ihrer Familie nach Russland zurück. Nicht viel besser erging es der leiblichen Lawrow-Tochter Jekaterina Winokurowa, deren Jetset-Leben im Zuge des Krieges ebenfalls ein jähes Ende fand.

Polina Kowalewa im Jahr 2015 bei einer Fashion Show in London. Ein Jahr später kaufte sie ein Luxus-Apartment.
Polina Kowalewa im Jahr 2015 bei einer Fashion Show in London. Ein Jahr später kaufte sie ein Luxus-Apartment. © Stephen Coke/Shutterstock | Stephen Coke/Shutterstock

Als die 41-Jährige und ihr Ehemann Alexander Winokurow vergangenes Frühjahr die Hochzeit seines Bruders in der georgischen Hauptstadt Tiflis feiern wollten, zogen mehrere Hundert Demonstranten vor dem Hotel, in dem gefeiert werden sollte, auf und machten ihrem Ärger über die ungeliebten Gäste aus Russland Luft. Wie die georgische Präsidentin Salome Surabischwili bestätigte, wurde das Hochzeitsbankett aufgrund der Proteste abgebrochen. „Die Familie, also die Menschen, die heute die zweite Hälfte der Hochzeit feiern wollten, reiste ab.“ Surabischwili wertete das als „Sieg der Gesellschaft“.

Obwohl die georgische Regierung diplomatische Beziehungen zum Kreml pflegt, fordert ein Großteil der Bevölkerung, dass sich auch Georgien den Sanktionen gegen Russland anschließen müsse. Bereits jetzt ist Winokurowa von den Sanktionen gegen Kreml-nahe Personen betroffen. Für die 41-Jährige gilt ein Einreiseverbot in die EU und die USA. Letzteres dürfte besonders schmerzhaft für sie sein, da sie in New York geboren wurde und Politikwissenschaft an der Columbia University, einer der renommiertesten Universitäten der Vereinigten Staaten, studiert hat.

Beide Lawrow-Töchter wuchsen im Westen auf

Nach dem Studium war Winokurowa an der School of Economics in London eingeschrieben, und soll erst mit 23 Jahren zurück in das Heimatland ihres Vaters gezogen sein. Lawrow, der zu einem der engsten Vertrauten Putins gezählt wird, soll neben seiner offiziellen Ehefrau Marija Lawrowa, die Mutter von Jekaterina Winokurowa, seit Jahren eine Geliebte haben. Aktivistin Maria Pevchikh ist überzeugt davon, dass Swetlana Poljakowa längst Lawrows offizielle Ehefrau abgelöst hat.

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Poljakowa soll neben einer 260-Quadratmeter-Wohnung in der Moskauer Innenstadt auch über diverse Luxusautos verfügen und diese laut Pevchikh über Schmiergelder finanziert haben, die russische Oligarchen an Lawrow zahlten. Als Tochter Polina aus Großbritannien heimkehrte, dürfte sie also weich gefallen sein. Dennoch: Auch ihre Kindheit war westlich geprägt. Kowalewa besuchte ein Internat im britischen Bristol, und studierte danach Wirtschaft und Politik an der Londoner Loughborough University.

Daraufhin wechselte sie zum Imperial College und studierte dort im Master, bis sie nach Russland zurückkehren musste. Gut möglich, dass bald ausgerechnet ukrainische Flüchtlinge in die Wohnung der 27-Jährigen einziehen werden. Londons Bürgermeister Sadiq Khan hatte schon kurz nach Beginn des Krieges vorgeschlagen, Geflüchtete in leerstehenden Wohnungen russischer Oligarchen unterzubringen. Allerdings sind die gesetzlichen Hürden dafür hoch.

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